laut.de-Kritik
Die Essenz zweier Wegbereiter der deutschen Rap-Geschichte.
Review von Robin Schmidt"An die Spitze aus dem Royal Bunker": Der legendäre Keller für Freestyle- und Battle-Rapper im Berliner Bezirk Kreuzberg, aus dem später ein ganzes Label entstand, bildet also rund 20 Jahre später den gemeinsamen Nenner für ein Album der Herren Yurderi und Würdig.
"Haste Nich Gesehen". Haste aber gehört: "Zwei der besten, die es je taten, zwei der besten, die je gelebt haben, wenn sie sich weigern, uns zu feiern schreit: Saaavaas / Siiidooo!" Der Opener offeriert schon einmal, was wir sowieso schon alle wussten: Wir haben es hier mit zwei Rap-Schwergewichten zu tun. Die gepitchten Kinderstimmen in der Hook: geschenkt. Das nervös pumpende Instrumental lässt die Spannung auf die folgenden Minuten ordentlich anschwellen.
Im Titeltrack greifen Savas und Sido dann in die Nostalgie-Kiste und bedienen sich an einem minimalistisch gehaltenen Oldschool-Beat. "Royal Bunker" gerät zwar flowtechnisch etwas monoton, glückt aber dennoch als atmosphärisches Aushängeschild.
"Jedes Wort Ist Gold Wert" spiegelt die Liebe der beiden Pioniere zum Hip Hop, zu Gedankenergüssen und zur Sprache allgemein wider und verdeutlicht, worauf es ankommt: "Ich verzichte gerne auf funkelnde Edelsteine, das alles steckt in 'ner Zeile, denn jedes Wort ist Gold wert / Trag' meinen Reichtum im Kopf, denn jedes Wort ist Gold wert." Chapeau, hier haben wir es schlicht mit einem Hit zu tun.
"Unterschied" funktioniert gleich auf mehreren Ebenen. Inhaltlich befasst sich der Track mit der Diskrepanz zwischen "Menschen, die zum Mond fliegen und Atome spalten", womit Savas und Sido sich wohl metaphorisch selbst meinen dürften, und "dummen Menschen". Die Hook kratzt etwas an der Oberfläche, die Strophen der beiden offenbaren aber einen ganz anderen Schwachpunkt der Platte:
Während Savas seine Battle-Verses meist beim Feinkosthändler einkauft, bleibt für Sido in dieser Kategorie oftmals nur der Gang zum Discounter. Zum Vergleich zunächst eine Reimkette aus Savas' Part: "Was für selbe Stufe, zwischen uns herrscht eine große Kluft / Drei Wochen ungeduscht, ich würde noch nach Rosen duften / Wenn ich sterbe konserviert mich in 'ner Pyramide / Umgeben von meinen Zeilen, in Stein gemeißelt wie Hieroglyphen."
Sido steigt dann mit den folgenden Zeilen ein: "Sie sagen, ich sei reif für die Rente / Und das ich mit Musik meine Zeit nur verschwende / Ja, tut mir leid, doch ich find' einfach kein Ende / Obwohl längst jeder weiß, ich bin eine Legende." Die Wortgewandtheit und die teilweise um die Ecke gedachten Reime von Savas stoßen bei Sido auf taube Ohren - beziehungsweise an seine lyrischen Grenzen.
Dennoch ist "Alles Noch Beim Alten“, "Rap ist die Suppe, wir das Salz drin / Wir machen weiter bis wir kalt sind". Insgesamt nicht zu prollige Selbstverherrlichung trifft auf die Probleme und Gedanken, die man nun einmal in einem gewissen Alter mit sich herumschleppt.
In "Meine Pflicht" erzählen die beiden von ihrer Mission als Mann, während sich "Freund/Feind" an den Werten einer Freundschaft orientiert ("Ich leg' mich ins Zeug, wenn Not am Mann ist / Ich mach' mich grade, egal wie gnadenlos der Kampf ist / Und das gleiche will ich auch von meinem Gegenüber / Doch ich guck' ihn an und seh' 'nen Lügner – von wegen Brüder").
"Leben Geben" beschreibt die Beziehung der beiden zu ihren Familien. An dieser Stelle muss man konstatieren, dass Sido bei den deepen Songs gegenüber Kool Savas zweifellos seine Stärken ausspielt. Der Maskenmann kanalisiert hier seine Emotionen einen Deut feinsinniger.
Für die Feature-Auswahl dürfen sich die "Haie" dann aber wieder gemeinsam einen Orden an die Brust heften. Marteria harmoniert so rund mit Savas und Sido, als seien die drei schon immer zusammen unterwegs gewesen. In "Neue Welt" ergänzt Lakmann mit extrem lässigem Flow die unterhaltsamen Strophen der beiden Hauptprotagonisten gewinnbringend. Sido: "Lass' die Mutter ausm Spiel, oder meine Mutter haut deiner Mutter auf die Schnauze" .
Das Soundbild ist weitgehend entspannt und reduziert gehalten, ohne großartig zu überraschen. Man weiß im Grunde genommen genau, bei welchen Kompositionen DJ Desue, und bei welchen Smoove an den Reglern saß. Neuartige musikalische Einflüsse finden kaum statt, was das Album aber auch nicht nötig hat.
"Royal Bunker" konzentriert sich auf die Essenz zweier Wegbereiter der deutschen Rap-Geschichte, deren Reise noch lange nicht am Ende angekommen ist. Oder, wie Sido das alles zusammenfassen würde: "Ja, ich geb' dir Recht, Rap ist nicht neu, aber sag' mir bitte, warum soll es weg, wenn es läuft?"
32 Kommentare mit 33 Antworten
Freue mich für Laki, Rest ist mir egal.
Eko versucht (mit einem Prinzen) die Charts zu erobern und Sido versucht die alten Fans zu melken. Beides Spastis
Genau wie deine Meinung
Nach dem ersten Hören dachte ich erstmal "mäh", aber gebe ich dem Album mal noch ne zweite oder dritte Chance.
Leider ist dadurch meine Abneigung eher nur noch größer geworden. Es ist vielleicht nicht wirklich schlecht, aber einfach absolut nichtssagend. Langweilige Beats, gefühlt zuviele Pianos drin.. poppig eingesungene Refrains zum Einschlafen. Und wer dachte sich bei den hochgepitchten Babystimmen im ersten Track "boah, damit holen wir die Leute jetzt richtig ab!" ? Wirklich grauenvoll.
Der Titeltrack zum Album "Royal Bunker" sticht hier meiner Meinung nach aber schon sehr raus.
Manche Rapper sollten einfach aufhören. Wer weder was Neues drauf hat, noch das Alte pflegen kann, der hat einfach keinen Platz mehr in der Musikbranche.
Das vermeintliche „Gigantentreffen“ (das 2005 doch ungleich mehr Spaß gemacht hätte) krankt daran, dass die beiden Protagonisten einfach so grundverschieden sind, dass beinahe jeder Track wie ein lauer Kompromiss klingt. Sido gibt sich redlich Mühe und packt sogar den ein oder anderen unerwarteten Flow aus. Doch wir alle wissen, wenn Sido sowas macht, kommt selten was hörbares bei raus. Alpha-Tier Savas diktiert hier klar die stilgebende Richtung vor, liefert aber ansonsten nur Arbeit nach Vorschrift und überrascht ebenso wenig wie der ehemalige Maskenmann. Zwei stinkreiche Rapper, die niemanden mehr etwas beweisen müssen, mit der minimalst angebrachten Anstrengung – naja. 2/5.