laut.de-Kritik
Last Man Standing.
Review von Sven KabelitzÜber dem Klang von "It Rains Love" liegt gleich eine doppelte Staubschicht. Der Vintage-Soul-Sound des Labels Daptone hat mittlerweile selbst bereits mehr als 15 Jahre auf dem Buckel. Aus dessen Triumvirat bleibt nach dem Tod von Sharon Jones und Charles Bradley Lee Fields als Last Man Standing zurück.
Zum Glück bringt all dies den Soul-Survivor nicht dazu, mit den The Expressions auch nur einen Deut von seinen Trademarks abzuweichen. Kernige, dreckige Songs ohne viel Firlefanz, in deren Mittelpunkt immer Fields markerschütternde Stimme steht. "It Rains Love" steigt dort ein, wo uns "Special Night" 2017 zurück ließ.
Im Genre verwurzelt, geraten die Arrangements der Stücke auf dem siebten Studioalbum in gewisser Weise überraschungsarm. In einem solchem Umfeld kommt es ganz auf das Songmaterial an. Das kann zwar nicht ganz mit Tracks wie "Faithful Man" oder "Ladies" mithalten, verfügt aber nach wie vor über hohe Dichte.
Für den zweiten auf Big Crown Records erscheinenden Longplayer übernimmt ein weiteres Mal der schon zum Inventar gehörende Leon Michels (Aloe Blacc, The Shacks) die Produktion. Er setzt Fields' unnachahmliche Stimme, die in den letzten 68 Jahren aus Leid, Schweiß, Wunden, Al Green und James Brown geschaffen wurde, innig in Szene.
Deep, down and dirty steigt das Album gleich mit dem Titeltrack ein, dessen kurze, berauschende Bridge im Kontrast zum knietief in Erde steckenden restlichen Track steht. Das groovende, nur aus Schlagzeug und Bass bestehende Outro schreit förmlich: "Sample mich!" Ein frühes Bewerbungsschreiben an all die A$AP Rockys und Travis Scotts dort draußen, die sich bereits an Fields' Diskografie bedient haben.
Die ganz "It Rains Love" verzierenden Bläser bekommen in "Two Faces" ein Flöte an die Seite gestellt. Dem einnehmenden Refrain steht die hart in die Tiefe bretternde Hammondorgel entgegen. Das entspannte "God Is Real" flirtet mit Reggae- und Dub-Elementen, ohne jedoch auf dessen 2/4-Betonung zurückzugreifen. Congas formen den Unterbau für "A Promise Is A Promise", der die Basis für Fields charakteristischen Schrei bildet.
"Wäre das nicht eine schöne Sache, wenn es überall Liebe regnete und alle nass würden?", erklärt Lee Fields den Albumtitel. "Das wäre ein wunderschöner Ort zum Leben, wo jeder Mitleid hat, jeder von Liebe erfüllt ist. Das ist natürlich eine Traumwelt. Aber ich kann träumen, oder?" Kann den Mann bitte jemand in Plöppfolie verpacken? Wir brauchen ihn dringend auch weiterhin.
1 Kommentar
Solides Album. Gewisse Redundanzen sind jedoch nicht zu überhören.