laut.de-Kritik

Pop-Comeback mit SOAD-Shouter Serj Tankian.

Review von

Ich hatte die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben, dass eine der kreativsten Popbands aus Frankreich hierzulande noch einmal Fuß fassen würde. Zwar liegt ihr letzter Hit in Deutschland mit "Marcia Baila" nun schon satte 22 Jahre zurück, die Band veröffentlichte aber stetig weiter Platten, zuletzt zwei großartige Werke in den Jahren 2000 und 2002 sowie ein orchestrales Livealbum 2004. Doch ohne jegliche Promotion seitens der Plattenfirma blieb der für französisch singende Bands ohnehin steinige Weg in deutsche Hörerherzen zuletzt leider komplett versperrt.

"Variéty" könnte zur Ausnahme der traurigen Regel werden, denn das Pariser Duo hat nun nicht nur eine neue Labelheimat gefunden, sondern spielt auch erstmals seit Jahren wieder Konzerte bei uns, u.a. auf dem Hurricane. Zudem überraschen sie nach der Kooperation mit den Sparks 1988 endlich wieder mit einem internationalen Gaststar. Die Wahl fiel ausgerechnet auf einen Hero der jungen Metal-Generation, System Of A Down-Shouter Serj Tankian.

Dessen durchdringendes Organ verhilft dem Album in Kombination mit der nicht weniger außergewöhnlichen Stimme von Rita-Sängerin Catherine Ringer auf der Abschluss-Ballade "Terminal Beauty" zu einem fast schon gruseligen Operetten-Finish. Da muss es schon vertragliche Gründe gehabt haben, dass die Plattenfirma diesen Promi-Bonus nicht umgehend für die Single-Veröffentlichung nutzte und stattdessen das bittersüße "Communiqueur D'amour" auswählte. Hier zeigen sich Ringer und ihr Partner Fred Chichin von der bekannten, melodieverliebten Gitarrenpop-Seite.

Dem aufmerksamen Betrachter ist derweil nicht entgangen, dass "Variéty" als zweisprachiges Fantasiewort darauf hinweisen könnte, dass die Band nach langer Zeit wieder englische Texte im Programm hat. Neben der Tankian-Nummer ist dies das ungemein eingängige "She's A Chameleon" und das halbakustische "Badluck Queen", zwei absolute Album-Highlights. Ansonsten wendet sich die ausgeflippte Avantgarde-Kultband, die bereits mit Filmlegende Jean-Luc Godard und Produzent Tony Visconti zusammen arbeitete, wieder verstärkt den Gitarren zu und lässt die elektronischen Trip Hop-Experimente des Vorgängers außen vor.

Zwar vermögen "Meme Si" und der arg fröhlich geratene Funkpop "Ding Ding Dong (Ringing At Your Bell)" das hohe Level nicht ganz aufrecht erhalten, aber so lange Les Rita Mitsouko krude Grooves wie "Rendez-vous Avec Moi-meme" aus dem Ärmel schütteln, verzeiht man ihnen alles. Wer auf die Eleganz französischer Chansons steht und sich über das hohe Pop-Niveau unseres Nachbarlandes kundig machen möchte, sieht sich bald in den Klauen der Rita Mitsouko gefangen.

Trackliste

  1. 1. L'ami Ennemi
  2. 2. Communiqueur D'amour
  3. 3. Reverie
  4. 4. Berceuse
  5. 5. Meme Si
  6. 6. Rendez-vous Avec Moi-meme
  7. 7. She's A Chameleon
  8. 8. Soir De Peine
  9. 9. Badluck Queen
  10. 10. Ma Vieille Ville
  11. 11. Ding Ding Dong (Ringing At Your Bell)
  12. 12. Terminal Beauty (mit Serj Tankian)

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