laut.de-Kritik
Dreckiger Postfolk mit Sprechgesang.
Review von Andreas DittmannListener machen eigenartige Musik. Eigenartig ist daran vor allem die Mischung. Kris Rochelle und Christian Nelson basteln zusammen Tracks, die den Americana-Folk (der Vorgänger-Alben) tief eingeatmet haben, ihn aber als dreckigen Postrock ausspucken. Intensive Rhythmen, raue Akkorde, dichter Sound.
Dann aber kommt Dan Smith ins Spiel und reißt das Ruder herum. Der schräge Kerl redet praktisch ohne Unterbrechung. Seine wirren, endlosen Texte rotzt er voller Wut, Verzweiflung und Sehnsucht aus, redet sich mit seiner rauen Stimme schier in Rage. Das ist gewöhnungsbedürftig, denn weder Melodien noch Reime erleichtern das Zuhören. Es ist als würde Dan einfach aus einem Buch vorlesen.
Und doch, da schwingt so etwas wie Melodie in seinen traurigen Worten, das ist mehr als Prosa. Tief drinnen in seiner Stimme und seinen Texten steckt ein Rhythmus, eine Stimmung, die von Christians Gitarren-Linien und Kris' Beat wunderbar getragen wird.
"Not Today" zum Beispiel schafft eine dramatische Emotionalität, bis die Gitarre ausbrechen darf, Dan greift zum Bass und verzerrt ihn bis zum Anschlag. Oder "Tornadoes": Langsam baut sich der Song auf, Kris straighter Beat treibt voran, Christian loopt und schachtelt seine Melodien übereinander, bis Dan wieder hereinplatzt: "Sometimes I feel like I have a Tornadoe inside of me", sagt er mit rauer, fragiler Stimme, die sich perfekt über die Instrumente legt.
Bei kurzen Breaks und kleinen Melodieführungen merkt man, wie viel Arbeit in diesen Songs stecken muss, denn alles ist auf Dans Texte ausgelegt und folgt ihnen auf Schritt und Tritt. Stimme, Gitarren und Beat arbeiten perfekt zusammen. Die Gitarre sorgt für die nötige Melodie, die Dan mit seinem wirren Lyrics nicht schafft.
Es ist nicht leicht, seinen Texten zu folgen, den Sinn dahinter zu verstehen. Manchmal hat man auch das Gefühl, er redet einfach um zu reden, um die Songs mit Worten zu füllen. Aber trotzdem transportieren er und Bandkollegen eine wahnsinnig dichte und tiefe Atmosphäre, zwischen innerer Unruhe, niederschmetternder Traurigkeit und aufgewecktem Mut.
Mit acht Songs ist "Time Is A Machine" genau richtig lang. Denn an Listener muss man sich erst einmal gewöhnen. Vor allem an Dans Stimme, seine Texte und seine Art nicht zu singen, nicht zu rappen, sondern theatralisch zu reden. Ist das aber geschafft, hat man eine wunderbare, eigenartige und einzigartige Band entdeckt.
5 Kommentare
und ich les unter "Band" noch "Lennister"....
zu viel Eis und Feuer... ^^
Oh, was ich davon bis jetzt gehört habe, klingt sehr cool ...
laut.de, vielen Dank für's Draufaufmerksammachen.
Da habt ihr mir nen schönen Schmankerl beschert.
Sage Francis und der Rest von Magnolia Electric Co gehen auf ne Defeater Show und schließen sich danach für ne Session ein. Unglaubliche Platte! Wenn die sich noch die bescheuerten Trend-Vollbärte abrasieren, häng ich mir nen Poster ins Wohnzimmer.
Hab mir einfach mal alles von denen besorgt und fand die Vorgänger besser aber danke laut für den Tipp