laut.de-Kritik

Ein wütendes Manifest gegen den Rest.

Review von

Es ist nicht gerade Neuland, das die Mason Family aus Köln mit ihrem Auftreten erschließt: Der Internetbattle-Hintergrund, die Masken, der ignorante Punchline-Rap – immer mehr MCs aus Deutschland fallen in die Schnittmenge dieser Attribute. Um so schwieriger, positiv aus diesem Einheitsbrei heraus zu stechen. Dass man als maskierter Youtube-Rapper aber auch ordentlich Reibach machen kann, bewies zuletzt ein gewisser Schwamm. Mit "E.M.I.M" präsentiert die Mason Family ihren ganz eigenen Versuch, sich in der Szene zu etablieren.

Kamas und Cinemahs Herangehensweise an die Musik ist geprägt von ihrer Vergangenheit als Battle-Rapper: Wir sind geil, der Rest ist scheiße – der Leitgedanke zahlreicher Rap-Platten, zieht sich auch durch "E.M.I.M". Nur lautet hier stattdessen "Mason ist die Gang" die Devise, mit der sich die Rapper dem Rest der Szene entgegenstellen. Denn die Kölner, deren Name an die "Manson Family" angelehnt ist, wollen alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen. Das Album ist ein wütendes Manifest gegen den Rest: Aufmucken, um aufzufallen.

Ob VBT, JBB oder BRT - Die Mason Family nahm bereits an allen größeren Internet-Battles teil. Das Hauptaugenmerk der MCs liegt dementsprechend vor allem auf Punchlines. Die fallen meist ziemlich stumpf aus, auf ausgeklügelte Wortspiele oder Vergleiche legen die Kölner wenig Wert. Stattdessen fußt der Ansatz der Masons vor allem auf der ignoranten Vortragsweise. Das glückt ihnen oftmals, was vor allem am routinierten Stimmeinsatz der Rapper liegt. Insbesondere Kama gilt es hierbei hervorzuheben. Sein zunächst merkwürdig klingender Akzent kann sich auf den düsteren Elektro-Beats überraschend gut entfalten.

So liegt die Stärke der Mason Family nicht in den Inhalten, sondern in der Art und Weise, wie sie ihre Musik präsentieren. Dabei spielt jeder der Rapper seine eigenen Stärken aus. Während Kama mit seiner eigenartigen Betonung besticht, glänzt Cinemah vor allem mit aggressivem Stimmeinsatz und variierenden, aber konstant kraftvollen Flows. In punkto Technik sind beide bewandert: Endlose Reimketten sind keine Seltenheit, und auch Doubletime-Passagen meistern die Rapper, ohne unroutiniert zu klingen. So fahren Kama und Cinemah jeweils ihren eigenen Style, treffen sich aber in technischer Versiertheit und Attitüde: Der arrogante und ignorante Blick von oben ist der Mason Family immanent. Nach fast zehn Jahren im Untergrund, zwei Veröffentlichungen und unzähligen Battles wissen sie, wie man rappt und haben einen eigenen Stil gefunden.

Das betrifft auch die Beats, die das wahre Highlight von "E.M.I.M" bilden. Kama ist für fast alle Produktionen verantwortlich und schafft für die Mason Family eine stimmige Soundkulisse. Die Beats klingen durchweg elektronisch, bedienen sich mächtiger Synthesizer und Elementen aus Dubstep und Trap. Diese Versatzstücke erzeugen eine kalte, düstere Stimmung, die gut zur kompromisslosen Haltung der Rapper passt. Mit vibrierenden Bässen und harten Drums fangen die Instrumentals außerdem die Aggressivität und den Hunger der Interpreten optimal ein.

Das oberflächliche Bild, das der Sound der Mason Family vermittelt, ist also durchaus vielversprechend. Doch zeigen sich bei längerer Beschäftigung mit der Musik schnell Ermüdungserscheinungen. Inhaltlich bleibt sehr wenig hängen. Die Zeilen und Songs, die doch im Gedächtnis verharren, tun dies aus den falschen Gründen. Kamas Vergleiche zum Beispiel sind oft so stumpf, dass es unfreiwillig komisch wird. Ob er nun mit vollem Sack kommt "wie der Santa Claus" ("Faxxxen") oder seine "Feinde zur Seite gehen, wie Scheibenwischeranlagen" ("Medusa") - wirklich geschickt oder smart sind die Zeilen des Rappers selten.

Die dürftigen Texte machen nur verstärkt auf die vorherrschende Themenarmut auf "E.M.I.M" aufmerksam. Verständlicherweise haben sich die Masons hauptsächlich auf ihre Paradedisziplin, den Battlerap, konzentriert. Doch trägt dieses Konzept nicht über das komplette Album, so dass einzelne Tracks austauschbar werden und zu einem einheitlichen Brei ohne Wiedererkennungswert verschmelzen. Zwar gibt es vereinzelte Versuche, ernstere Themen anzusprechen ("Hublot"), doch fehlt hier die Substanz, um glaubwürdig zum Nachdenken anzuregen.

Inhaltlich hat "E.M.I.M" wenig zu bieten, fast immer geht es direkt auf die Fresse. Neben vereinzelten peinlichen Lines schleichen sich auch einige fragwürdige Zeilen in die Texte der Kölner. Mehr als einmal liefern sie dümmliche frauenfeindliche Aussagen ab, bei denen man den Kopf schütteln möchte. Dieser misogyne Quatsch findet seinen Höhepunkt auf "Bitte Fick Mich", ein Song, der getrost als Schnapsidee im Papierkorb hätte landen sollen.

Kama und Cinemah nehmen die bekannte Zutaten gestandener Internet-Battler und kochen daraus ihr eigenes Süppchen. Ihr eigenständiger Sound, der vor allem von Kamas Produktions-Stil geprägt wird, bildet ein erfrischendes Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Szene. Das tröstet aber nur stellenweise über den dürftigen Inhalt hinweg. Die Brüder im Geiste liefern zu wenig Substanz für ein wirklich intensives Hörerlebnis. Dennoch ist "E.M.I.M" eine gelungene Sound-Skizze, die als fruchtbares Fundament für weitere Projekte der Mason Family funktioniert.

Trackliste

  1. 1. Respektlos
  2. 2. E.M.I.M.
  3. 3. Code 13(6)
  4. 4. Patronen Fallen
  5. 5. Hublot
  6. 6. Faxxxen
  7. 7. Pali Vor Dem Mund
  8. 8. Saphir
  9. 9. Booyah
  10. 10. Medusa
  11. 11. Bitte Fick Mich
  12. 12. Alles Paparazzi
  13. 13. Tiger Woods
  14. 14. Guillotine
  15. 15. Mike Tyson Blick

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