laut.de-Kritik
Unerbittliches Storytelling-Album über die Stadt der Doublecups.
Review von Yannik GölzHouston ist ein kalter Ort. Die Gesellschaft schon lange zusammengebrochen, Familien von der Gewaltspirale zersplittert, volle Gefängnisse. Maxo Kream ist einer dieser ruppigen Untergrundrapper, die nicht nur die Authentizität der kalten Straße perfekt einfangen, sondern auch deren Geschichten in grimmigem Detail erzählen. Sein Major-Debüt "Brandon Banks" ist eine unerbittliche, seinem Vater gewidmete Dokumentation der Stadt der Doublecups.
Fans von klassischem Storytelling müssen hier über ihren Schatten springen, denn 2019 lässt sich die Geschichte von Houston und Amerikas Südstaaten nicht ohne Trapmusik erzählen. Es hagelt dementsprechend polternde 808-Bässe, Stripclub-erschütternde Drumloops und Interpolationen von Pimp C oder Project Pat. In den minimalistischen Momenten wie "Drizzy Draco", "She Live" mit Megan Thee Stallion oder "3AM" rappt Maxo auf fast nichts als scheppernder Perkussion.
Doch auch sonst umgibt Maxos Musikstil eine bewusst angelegte Leere. Er hat eine dieser harten, nasalen Stimmen, mit der er sich von jedem Instrumental abstößt wie ein Schwimmer an der Beckenwand. Dazu peitscht er mit einer so stoischen Kälte durch die Beats, seine Stimme ist stets von einer Aura schmerzlicher Erfahrung umgeben. Wenn Maxo rappt, hört man zu. Das sorgt in manchen Momenten für fundamentale Banger, zum Beispiel das Schoolboy Q-Feature "3AM" oder auf "8 Figures", einem Erdbeben von einem Trap-Song, das im Beatwechsel ungeahnte Energien freisetzt.
Doch so treffsicher und gnadenlos die aggressiven Tracks auch an vergangene Projekte wie "The Persona Tape" oder "#maxo187" erinnern, zeigt "Brandon Banks" vor allem Maxos Entwicklung als Erzähler. Schon die beiden Opener "Meet Again" und "Bissonnet" zeichnen eine unerbittliche Welt, in der Maxo mit betäubter Tristesse die Spielregeln beschreibt. Besonders "Meet Again" nimmt dabei den Stil von Nas' "One Love" auf und beschreibt einem einsitzenden Freund Vignetten aus der Hood, die sich verändert und doch die selbe bleibt.
Auf Songs wie "Brothers" oder "Pray 2 The Dope" illustriert er mit erdrückendem Nihilismus, wie das Leben auf Straße sich schon im Wohnzimmer seiner Eltern abgespielt hat, wie sich Schuld und Verantwortung in Houston über Generationen vererben. "Brenda" stellt hier eine eisige Spitze da: Die lose 2Pac-Hommage spricht über die immer wieder reproduzierte Abwesenheit von Vätern in prekären Verhältnissen. Maxo behandelt seine Protagonisten dabei mit einer so kalten Gesichtslosigkeit, wie es sich sonst nur das Gesetz erlauben könnte. Eine Entmenschlichung von Drogen, Gewalt und zerbrochenen Familien, die nur erahnen lässt, wie abgestumpft sein Blick auf diese täglichen Ungeheuerlichkeiten sein muss.
Und trotzdem bleibt da etwas Duldendes, fast Kämpferisches. Wenn sein hier und da erwähnter Bruder KCG Josh auf "Brothers" selbst einen überraschend kompetenten Verse zum Besten gibt und gegen Ende sein leiblicher Vater (dessen krimineller Deckname zum Albumtitel wurde) für Interludes immer positiver wird, zeigt sich ein optimistischer Glaube an die Kunst und an die eigene Leistung. Nach dem aufwühlenden, direkt an den Vater gerichteten Track "Dairy Ashford Bastard" gibt dieser ein erschöpftes "I love you, son" zu Buche.
"Brandon Banks" ist eines der aussagestärksten Storytelling-Alben, die Trapmusik hervorgebracht hat. Sollte es einen Kompromiss zwischen der neuen und alten Schule geben, dann liefert ihn Maxo Kream. Denn sein Stil verbindet die Essenzen beider Untergründe beeindruckend gut.
3 Kommentare mit 21 Antworten
Wirklich gutes Album.
Yeah, nice. Freue mich sehr, das entdeckt zu haben, reinhören, Leute!
Hör dir auch mal Punken an, war auch schon richtig gut.
Mach ich beizeiten.
Ist auch nicht schlecht, kickt mich aber nicht so wie dies hier. Schade, dass das hier so wenig Beachtung findet...
Das ist aber ja Standard hier. Hier löst der größte Rotz 100 Kommis aus, in denen es darum geht, wie schlecht das ist, und die guten Sachen interessieren keinen.
Punken hatte mich sogar noch mehr, als das hier, weil ich da so ein Standard Trap Album erwartet hatte.
Wirklich stabil!
Hatte den noch gar nicht auf dem Schirm, aber werde definitiv mal reinhören.
Um das Thema von Haine aus obigem Faden nochmal aufzugreifen: Es ist doch das definierende Merkmal von laut2.0, dass die Qualität von musikbezogenen Diskussionen stark und stetig abgenommen hat. Mit dem Switch zu einer trendyhippen Aufmachung hat das Board halt leider die Seele (und viele altgediente Nutzer) verloren und wir haben dafür Typen wie den Scientologen und manback bekommen...Prost Mahlzeit.
Es wird irgendwelchen Trollen einfach freie Hand gelassen, Moderation findet eigtl nur dann statt, wenn mal irgendjemand das H-Wort droppt, rassistischer BS steht zT wochenlang vollkommen ungestraft in den Kommentarspalten und das, obwohl sich laut.de ja als Vorkämpfer gegen jedwede Diskriminierung versteht.
Die Zustände sind - für Musikliebhaber - traurig, aber Hauptsache die Klicks gehen rein und Teufel Boxen werden verhökert.
Als ob das nicht in der Hand der versammelten Userschaft selbst läge...
Was genau hält denn z.B. dich davon ab, mal was aussagekräftigeres als „Albung ist Top/absoluter Dreck, also nix/genau das richtige für User xy“ dazulassen?
Wir sind bei laut 3.0
Abgesehen davon trägst du auch viel dazu bei, dass solche manbacks und soisses hier die Aufmerksamkeit bekommen, um die es letztlich nur geht. Vielleicht sollten wir uns alle mal neue User mit komplett neuen Ausrichtungen und nicks wie "ontopic" gönnen. Der Kahn hätte es so gewollt.
"Was genau hält denn z.B. dich davon ab, mal was aussagekräftigeres als „Albung ist Top/absoluter Dreck, also nix/genau das richtige für User xy“ dazulassen?"
Schon die Tatsache, dass die Beitragsübersicht vollkommen unübersichtlich ist.
Da steht dann nur "User XYZ hat Künstler ABC kommentiert".
Wenn man dann tatsächlich mal auf zB ein gutes Album aufmerksam machen will, geht sowas oftmals in der Übersicht unter. Der Kram hat ja keine Forenstruktur mehr.
Man macht sich also die Arbeit, schreibt zwei drei Absätze und bekommt keine Resonanz, weil es von den Interessierten gar nicht gesehen wird.
Nach dem dritten mal gibt man auf.
Wenn sich Hitler und Mussolini über den Frieden auf der Welt unterhalten...
Das stehenlassen von politischen (troll-) Kommentaren find ich zwar nervig, ist aber meiner Meinung nach der richtige Weg. Sonst können die sich wieder über Zensur beschweren und wie sie unterdrückt werden. Wenn man ihren Schwachsinn allerdings lesen kann und vernünftige antworten darauf, nimmt man denen ihr Märtyrertum und ihren Rebellenbonus. Außerdem sind dann die hanebüchenen Auswüchse ihrer Hirngespinste dokumentiert.
Und zu den Kommentaren.. das liegt tatsächlich in der Hand der User. Wenn ein als richtig gut empfundenes Album einfach untergeht, nebst eigenem Kommentar dazu, kann man ja was in die wöchentlichen Kolumnen Posten, vielleicht sogar mit Link. Ich glaube kaum, dass laut aka seitenbau wieder ein Forum hier einführt, die schreibenden Leser sind sowieso stark in der Unterzahl und für die Kommentare lesenden ist es so einfacher. Und dann ist da auch noch der Mehraufwand, der durch die Moderation entstehen würde.
Man könnte sich natürlich auch ne andere Seite oder ein anderes Forum suchen/machen, aber ich bin eigentlich gerne hier wegen der musikalischen Diversität und der geringen Größe der Community.
@Scientologe: Und wer bist du in dem Gleichnis? Stalin?
Traudl Junge
@Para: Ich glaube ehrlich gesagt, dass das zu einem Großteil eher daran liegt, dass Beiträge über Politik, doofe User, Gott und die Welt niedrigschwelliger sind, als präzise Beiträge zu Musikalben. Letztens hab ich mich z.B. über hrvorragendis mehrfache Empfehlung des neuen Inspectah Deck-Albums hier gefreut, wäre im Prinzip auch voll meine Baustelle. Weil ich aber noch nicht zum reinhören gekommen bin und eigentlich dbzgl noch bei der vorletzten Czarface-Pladde festhänge, hab ich dann halt auch nix dazu geschrieben.
Außerdem ist die letzte Neuerung dazu, an die ich mich gerade erinnern kann, mit der Eindampfung eines „zuletzt kommentiert“-slots/Faden ja durchaus im Sinne der von dir geforderten Übersichtlichkeit gewesen.
Ich will ja auch gar nicht behaupten, dass hier strukturell alles super wäre. Aber mich widert diese Selbstgerechtigkeit, in der es sich manch einer (in diesem Fall Craze) hier bequem macht, geradezu an. Schreibt halt einfach mal selber was um Klugheit bemühtes. Es ist dazu auch gar nicht nötig, Romane wir diesen zu verfassen, bevor jemand wieder midem Argument kommt
"Ich glaube ehrlich gesagt, dass das zu einem Großteil eher daran liegt, dass Beiträge über Politik, doofe User, Gott und die Welt niedrigschwelliger sind, als präzise Beiträge zu Musikalben."
Klar. Und da die von dir aufgeführte Art von Beiträgen die Anzahl derer, in denen es um Musik geht um den Faktor 10 übersteigt, kommt es dann zu dem von mir beschriebenen Problem.
Wie recht oft, das was kubischi sagt
"Ich will ja auch gar nicht behaupten, dass hier strukturell alles super wäre. Aber mich widert diese Selbstgerechtigkeit, in der es sich manch einer (in diesem Fall Craze) hier bequem macht, geradezu an. "
Ja, das kann ich schon nachvollziehen und ist sicherlich auch richtig. Mir ist schon auch die Ironie dahinter bewusst, dass ich diese Diskussion hier gestartet habe, obwohl ich ja jetzt auch nicht gerade dafür bekannt bin das Niveau hier hochzuhalten und sicher auch nen gewissen Teil Schuld daran habe, dass so Typen wie manback und der Busfahrer hier florieren (wie es ja Morph auch schon angemerkt hat).
Aber für mich persönlich ist die neue Aufmachung auch nach Jahren noch allergrößter Schmutz, die mir wirklich nachhaltig die Lust nimmt, hier substanzielle Dinge zu schreiben. Mir ist auch bewusst, dass so eine Struktur wie die laut.bar nicht mehr zeitgemäß ist um ein halbwegs laufendes Unternehmen daraus zu machen, aber dieser zerfaserte Müll ist halt - mMn - für anständige Diskussionen sehr ungeeignet.
Dieser Kommentar wurde entfernt.
moori, in jedem satz so viele widersprüche, da wird selbst der der drachenlord neidig.
Nicht die einzige Parallele zum Ruiner sind schließlich beides Tanzbären