laut.de-Kritik
Unbequemheit im Platitüdenzirkus der Popkultur.
Review von Hannes WesselkämperSeit mehr als sieben Jahren wissen wir nun "was passiert, wenn man telekommandiert." Etwas länger schon wissen es Gerald Mandl und Florian Zwietnig. Vor bereits einer Dekade trägt die deutsch-österreichische Kollaboration erste Früchte: Der Track "Fraun Sind Besser" begründet 2001 das mittlerweile vier Alben starke Werk der Mediengruppe Telekommander.
Ihr Debütalbum "Die Ganze Kraft Einer Kultur" brilliert 2004 mit intelligent formulierten Texten gegen Markenkult, blinden Konsum und die Che Guevara-Shirtisierung der bürgerlichen Mittelschicht. Dabei sind sich Mandl und Zwietnig ihrer Systemzugehörigkeit durchaus bewusst und reißen den Adorno'schen Elfenbeinturm gleich mit ein. Der paradox anmutende Standpunkt der Texte steckt natürlich trotzdem zwischen den Fängen des Systems und der ironischen Metaperspektive fest, wie man angesichts des zweiten Albums "Näher am Menschen" feststellen konnte.
Was jedoch in Zeiten von polyphonen Klingeltönen unangenehm kantig klingt, verliert sich bald im Kreisel der Selbstreferenz. Zwar bleiben die Lyrics weiterhin relevant, auch da sie sich ähnlich der Popkultur immer wieder selbst updaten, doch das musikalische Grundgerüst bleibt fast gänzlich unangetastet.
Kurz nach dem Debüt drängt die Audiolith-Posse in die immer kürzer werdende Aufmerksamkeitsspanne des Pops. So kleben sich auch Egotronic oder Frittenbude das Etikett Elektro-Punk auf die (Antifa-)Flagge. Da auch auf diesem Gebiet stumpf Trumpf zu sein scheint, rücken die Telekommander in den Hintergrund. Die Texte gestalten sich nicht bissiger, die Pointen nicht präziser und die Beats nicht origineller als auf "Die Ganze Kraft Einer Kultur".
Da wirkt es schon fast ironisch, dass sie für das Abschiedsalbum zu Labelkollegen oben genannter Bands werden. Audiolith und Staatsakt heißen fortan Audioakt, "Die Elite Der Nächstenliebe" trägt die ehrwürdige Katalognummer 001. Es sind jedoch eher die halbvergessenen Melodien einer frühen Phase der Band als das aktuelle Album, die diese Ehrerweisung rechtfertigen. So scheint es kein Zufall, dass die Packungsbeilage des Labels verkündet: "Aus 'Kommanda' wird 'Billig', aus 'Trend' wird 'Deine Schule' und aus 'Bis Zum Erbrechen Schreien' schließlich 'Auf Der Sicheren Seite'."
Vielen Tracks scheint die Luft zu fehlen. Handzahm plätschern sie vorbei, während bekannte Muster kreative Stolpersteine verhindern. Der für das dritte Album verpflichtete Drummer Nico Friedrich untermalt die zwei Shouter mit unkomplizierten Beats, die gewohnt durch verschiedene Samples erweitert werden (so hört man bei "Wer Bist Du" etwa die YouTube-Berühmtheit "Laughing Baby").
Erwartungsgemäß reißt das vierte und letzte Album der Mediengruppe Telekommander keine Bäume aus. Zwischen einigen Hochgefühlen, die sich mit "Billig", "Wer Bist Du" und "Die Elite Der Nächstenliebe" gut auf dem Langspieler verteilen, scheint letztlich nur Füllmaterial zu stecken. Dafür gibt es auf der CD zum Abschied zwei frühe EPs als Bonus, die Einblick in die Jahre vor dem Majorlabel-Deal mit Mute-Records geben – eine freundliche Erinnerung an die immerwährende Aktualität der Unbequemheit im Platitüdenzikus der Popkultur.
6 Kommentare
"Handzahm plätschern sie vorbei, während bekannte Muster kreative Stolpersteine verhindern."
Tja schade dass sie mit ihrem letzten Album es nicht geschafft haben aus dem Mittelmaß herauszukommen.
der dalai lama macht jetzt musik?
Öhm... inhaltlich einige falsche Bezüge. Einer der drastischsten Fehler ist allerdings, Egotronic und Frittenbude zur Linken (oder, wie hier suggeriert, zur "Antifa") zu zählen. Sie sind Antideutsche, und somit eher dem Faschismus näher.
Ansonsten eine nette Rezension. Ich hatte auch den Eindruck, daß bei Mediengruppe Telekommander allmählich die Luft raus ist.
Dem Faschismus? Zuviel Makss Damage gehört?
Was haben kommunistische Antideutsche mit dem Faschismus zu tun