laut.de-Kritik
Recycling statt Renaissance.
Review von Moritz LinkMero besitzt das unbestreitbare Talent, seine Alben nach Dingen zu benennen, die rein gar nichts mit den Projekten zu tun haben. Unikat beinhaltet austauschbaren Straßenrap, Seele arbeitet sich an oberflächlichen Rap-Klischeethemen ab. Wenn die laszive Frauenstimme im Intro also ankündigt: "Baby, mach ein Comeback, und nenn' es Renaissance", dann kann man eigentlich schon davon ausgehen, dass auf diesem Album keine künstlerische Wiedergeburt stattfindet. Die 18 Tracks bestätigen die Ahnung, dass hier mehr Recycling als "Renaissance" betrieben wird.
Zwar macht das gechoppte Sample in den ersten Sekunden des Openers Hoffnung, dass für das erste Mero-Album seit vier Jahren ein neuer Impuls gewählt wurde, die belanglosen Zeilen des gerade einmal 30-sekündigen Parts zeigen aber schon, wie wenig Neues der Rüsselsheimer zu sagen hat: "Ich mach' ein Comeback und nenn' es Renaissance, FFM bis France, Traphouse, Bro in Trance, Kifft zehn Joints am Tag (Heh), zehn Sorten verpackt. Ist ein Müşti im Park und die Neuner im Rücken."
Die Texte des inzwischen 24-Jährigen drehen sich nach wie vor um seine Heimat, seine Frauen, seine Autos, seine Waffen und sein Geld. Das wäre für sich genommen noch nicht vollkommen unbrauchbar, wenn die Zeilen nur nicht so unkreativ und inhaltsleer wären: "Ich komm' von unten aus dem Drecksloch / Nach meinem ersten Wagen hatt' ich keine Ahnung, was den schwarzen GTS toppt / Heute sitz' ich im grünen Urus, fahr' zu meinem Next Stop / Allеs gut, solang das Geld kommt, ah." Mero erzählt immer das Gleiche, und das Gleiche ist immer langweilig.
Auch der musikalische Kurs des Albums ist bezeichnend. Seine Produzenten recyceln genau die drei Genres, die man als Koryphäen der 'Modus Mio-Hintergrundmusik' der vergangenen fünf Jahre bezeichnen könnte: Rap auf Housebeats (von RAF Camora als "Ghetto House" bezeichnet), Drillmusik à la Luciano und natürlich der Dancehall-Jamaica-Sound mit Gitarren und Kalimbas, der schon 2018 ausgelutscht war. Natürlich ist das eine größere musikalische Bandbreite als auf den letzten Alben, und der Versuch, die Genrepalette weiter aufzustellen, ist gar nicht so verkehrt. Aber warum müssen es genau jene Genres sein, die aufgrund ihrer oberflächlichen Struktur langfristig eben nur als Hintergrundgedudel taugen?
Ausgerechnet der Trap-Sound, mit dem Mero erfolgreich wurde, wurde auf "Renaissance" größtenteils wegrationalisiert. Zwar gibt es noch ein paar Tracks, die an seine früheren Projekte erinnern. Die Rückkehr zu den Wurzeln befördert allerdings auch keine sonderlich nostalgischen Gefühle.
Zwischen den überwiegend generischen Tracks findet sich dann doch noch das ein oder andere mäßige Highlight, so dass sich das Album nicht völlig verliert. Die cineastischen Streicher und die melancholische Hook auf "Horror Und Stress" klingen solide, auch wenn der restliche Song allzu sehr auf den uninspirierten House-Sound setzt. "Bullet" mit Ayliva ist als vibige, atmosphärische Pop-Nummer ebenfalls nicht verkehrt, bleibt aber auch nicht wirklich hängen.
"Renaissance" ist tendenziell vielseitiger als seine Vorgängeralben, allerdings nach wie vor inhaltlich wie musikalisch sehr oberflächlich und repetitiv. Gerade das Recyclen von allen möglichen erfolgreichen Waves des Deutschraps der letzten Jahre macht das Album uninteressanter und unpersönlicher, als es hätte sein müssen.
1 Kommentar
Ich mach mein Ding, hatte falsche Freunde, komme ganz nach oben bla bla bla habt ihr Rapper alle nix neues zu erzählen?