laut.de-Kritik
Das Groove-Duo spielt weiterhin in einer eigenen Liga.
Review von Martin TenschertNach fünf Jahren trauen sich die Trip Hop-Paten von Morcheeba an eine neue Albumproduktion, nunmehr allerdings ein Duo, bestehend aus Sängerin Skye Edwards und Ross Godfrey. "Blaze Away" mit Rapper Roots Manuva nimmt einen sogleich gefangen in der biedermeierhaften Welt der Band. Ein getragenes Metrum in Kombination mit Skye Edwards' seelenvollem Organ leitet auf "Never Undo" sanft ein in den Reigen insgesamt zehn neuer Stücke. Der Song strahlt eine Geborgenheit aus, verpackt in druckvollem Basso Continuo. Wie gewohnt klingen die Musiker wieder sehr eingespielt.
Leider ereilte Morcheeba oft das Schicksal, zur Hintergrundmusik hipper Vernissagen oder Cafés degradiert zu werden. Völlig zu Unrecht, denn ein bewusstes Hinhören hat die aufwändige und detailstrotzende Produktionsweise mindestens verdient. Die Kombination aus "echten" Instrumenten, Samples und Drumsounds, die man nie so genau zuorten kann, hält die Sache auch 2018 spannend. Ohrwürmer wie "It's Summertime" glänzen darüberhinaus auch noch mit echtem Hitpotential.
Beim sparsam instrumentierten "Sweet L.A.", das auch den Franzosen von Air gut zu Gesicht stünde, strahlt Skyes Stimme regelrecht und emanzipiert sich von den Beats. Ihr gefühlvoller Vortrag ist hier vollkommen, da ist kein Ton zu viel. Akustische Gitarren verzaubern mit Meerjungfrauensounds, garniert mit einer Prise Country. Klingt komisch, aber gut.
Die Vermischung der Stile war schon immer ein "point fort" der Engländer, das Talent zur geschmackvollen Verknüpfung der Genres ist leider auch nicht jedem gegeben. Der Vorteil von lediglich zehn Tracks ist, dass keine Skizzen oder Lückenfüller stören. "Set Your Sails" versprüht beispielsweise coolen Dub-Charme, Skyes Stimme wirkt betont verrucht, bevor das Ganze zur beschwingten Breakbeat-Nummer evolviert. Ein intelligentes Arrangement mit knackigen Beats, so einfach es klingt, so schwer ist die Umsetzung.
Trotz beachtlicher Erfolgsbürde schütteln Morcheeba ganz locker ein neues Album aus dem weit geschnittenen Ärmel. Die Kunst, sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Blut, Gaffa-Tape und Stimmbandentzündungen darin stecken, lässt sie sicherlich weiterhin ganz oben mitspielen.
4 Kommentare
Geil!
Abgesehen davon, dass das Trio inzwischen ein Duo ist, eine gelungene Rezension. Ein großartiges Album, perfekt für den Sommer.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Die Songs sind nicht mehr ganz zwingend, aber nach wie vor gute Musik. Und da die Neuerscheinungen eh nicht mehr das Niveau wie früher haben, ist es nach wie vor ein Highlight.