laut.de-Biographie
Netsayi
Netsayis Eltern verlassen während der Befreiungskämpfe (1970-1980) das damalige Südrhodesien das 1980 als Simbabwe unabhängig wird. Sie fliehen aus dem Land und gehen nach Großbritannien. In London kommt Netsayi Chigwendere 1973 zur Welt. Sieben Jahre wächst sie im Staat der einstigen Kolonialherren bei ihrer Mutter in Camden auf, während sich ihr Vater in der Heimat weiterhin an den Kämpfen beteiligt. "Meine Mutter sprach oft davon, wie süß das Wasser daheim und wie blau der Himmel dort ist. Ich glaube, ich sehnte mich nach meinen Wurzeln, bevor ich überhaupt wusste, was Sehnsucht war", beschreibt Netsayi heute ihre ersten Lebensjahre.
1980 kehrt die Familie zurück in ihre Heimat. Dort wird Netsayi recht schnell klar, das für sie nur eine künstlerische Laufbahn in Betracht kommt. "Da wir in Simbabwe keinen Fernseher hatten, verbrachte ich meine Zeit mit Malen, Musik hören und Singen. Als ich elf Jahre alt war, hatte ich bereits neun verschiedene Schulen besucht und in zirka elf verschiedenen Häusern gewohnt. Die einzige Konstante zu dieser Zeit waren meine Stimme, ein Stift, ein Blatt Papier und viele Ideen."
Nach der Schulzeit in Simbabwes Hauptstadt Harare, studiert sie Visual Arts und wirkt an einigen Film- und TV-Produktionen in Simbabwe und Südafrika mit. Doch: "Alles was wir wollten, war, das Land zu verlassen. Wir dachten, 'the grass was always greener somewhere else'." 2000 kehrt sie in ihre Geburtsstadt London zurück, um ihren Master Of Arts an der dortigen National Film and Television School zu machen. Schon bald entscheidet sie sich jedoch, ihrem Drang zur Musik nachzugeben. "Ich entschied mich für die Musik, weil ich frei sein wollte. Frei, meine kulturelle Erfahrung ausdrücken zu können, ohne dabei eingeschränkt zu werden."
Von ihrem Freund und Lehrer, Chartwell Dutiro, lernt sie, in tiefere Verstehensschichten der Musik vorzudringen. Sie setzt sich neben dem Studium westlicher Musik intensiv mit der Musikkultur ihrer Heimat auseinander und kommt zum Schluss, dass sie nur schöpferisch tätig sein könne, wenn sie die Konventionen der traditionellen Musik Simbabwes durchdrungen habe.
2001 startet sie in England, ihre Musikkarriere. Schnell etabliert sie sich mit ihrem eigenständigen musikalischen Profil und ihrer unverwechselbaren Stimme in der dortigen Szene und geht mit verschiedenen Bands auf Tournee. 2002 verzaubert sie, an der Seite von Dannii Minogue, Beverley Knight und Isabella Rosellini das Publikum mit ihrem Beitrag bei der Royal Albert Hall-Umsetzung von Eve Enslers Vagina Monologen.
In diesem Zusammenhang trifft sie auf den ausgezeichneten Pianisten Zoe Rahman, mit dem sie an ihrer Vision eines eigenständigen Sounds arbeitet. 2004 veröffentlicht sie ihre Debütsingle. "Tatters" erreicht die Herzen der BBC Radio-Trendsetter Ras Kwame und Trevor Nelson, die ihr voller Begeisterung einige Radiokonzerte für BBC Radio 1, 3 und 4 spendieren.
In den folgenden zwei Jahren spielt Netsayi die Rolle des Hans Dampf in allen Gassen. Sie ist in zahlreiche Projekte involviert, erobert eine Bühne nach der anderen, pendelt zwischen England, Südafrika und Simbabwe, arbeitet mit Nitin Sawhney und schreibt an den Liedern für ihr Debütalbum. "Chimurenga Soul" begeistert 2006 zunächst die britische Presse und das Publikum, bevor das Album 2007 auch in Deutschland die Herzen erobert. Mit ihrem einzigartigen Mix aus Soul, Pop, Jazz und simbabwischer Folklore agiert sie auf gleicher Augenhöhe mit Zap Mama, Sade oder Dee Dee Bridgewater (auf "Red Earth").
Vom britischen The Guardian als "eines der besten Debütalben des Jahres 2006" gefeiert, ergänzt das Jazzthing: "Schmutzige Breitseiten elektrischer Gitarren finden in ihrer Musik genauso viel Platz wie afrikanische Rhythmen, Reggae- Einflüsse - vor allem in den Basslinien - und Elemente aus Jazz, Folk und Soul." Von "Vielschichtigkeit" und "Facettenreichtum" ist an anderer Stelle die Rede, von "Weltmusik at it's best" und von einer "Powerfrau, die mit ihrer warmen, ausdrucksvollen Stimme so schwierige Themen wie Kolonialherrschaft oder Hungersnot anspricht. Kritisch, dynamisch, energiegeladen: Ihre Musik malt Bilder!"
Angefertigt von Jonathan Quarmby and Kevin Bacon, die ihre Finger bereits bei den Erfolgen der Sugababes, Ziggi Marley, Oi Va Voi und The Pretenders im Spiel hatten, greift Netsayi auf "Monkey's Wedding" (2009) auf die Erfahrung zweier alter Produzentenhasen zurück. "'Monkey's Wedding' ist die natürliche Evolution thematischer und musikalischer Ideen, die auf 'Chimurenga Soul' ihren Anfang nahm. Musikalisch betrachtet ist es ein Hybrid, ein Mischwesen, das alle meine Ursprünge aus Afrika und der westlichen Welt zu einem kohärenten, emotionalen Ganzen bündelt."
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