laut.de-Kritik
Die Schweden klingen fantastisch - auch ohne Bonusmaterial.
Review von Manuel BergerEs gibt viel zu meckern über "Garden Of The Titans – Opeth Live At Red Rocks Amphitheatre". Kein Bonusmaterial, nur zehn Songs, ein eher sparsames Booklet ... Ist man von Live-DVDs heutzutage eigentlich anders gewohnt. Aber in der Hauptsache liefern Opeth dann doch: Ihr vierter Konzertfilm klingt fantastisch.
Ein paar kleinere Tweaks modifizierte die Band nachträglich im Studio, das gibt sie offen zu, das Ergebnis rechtfertigt es aber allemal. Wenn Steven Wilson sein "Home Invasion"-Livedokument mit Soundcheck-Material anreichern darf, dann dürfen Opeth auch eine verstimmte Gitarre neu einspielen. Laut Fredrik Akesson war der Anspruch, die Songs besser klingen zu lassen als in der Studioversion. Inwiefern das gelingt, bleibt natürlich Geschmackssache, gerade beim opulenten "Ghost Of Perdition", dem der rohere Liveklang meiner Meinung nach etwas die Eleganz nimmt.
Das in den Neunzigern mit limitierteren Möglichkeiten als heute aufgenommene "Demon Of The Fall" profitiert dafür ungemein. Und dem aggressiven Death Metal von "Heir Apparent" steht der erhöhte Grit-Anteil hervorragend. Die Transparenz der Instrumente und Tiefe bleiben erhalten, vor allem weil Joakim Svalbergs Keys gut im Mix positioniert sind. Auf Martin Axenroths dynamischen Drumsound wäre so manche Band im Studio neidisch. Und Mikael Åkerfeldts Growls? Wehe es wirft ihm nach dem Hören dieses "Heir Apparent"-Recordings noch mal jemand vor, er habe das Grunzen verlernt. In dieser Form könnte er seinem Schlagzeuger problemlos wieder Gesellschaft bei Bloodbath leisten.
Da "Garden Of The Titans" aber das erste Livealbum Opeths seit ihrem Bruch mit dem Death Metal ist, steht Åkerfeldts Klargesang natürlich im Vordergrund. Hört man ihn das in typisch trockenem Humor als seinen "first cock rock song" angekündigte "Era" vortragen, auch völlig zurecht. "You know, it's a goddamn Rock'n'Roll Party tonight?" Yes, we know, und der "Sorceress"-Track erschallt tatsächlich mit mehr Punch als in der Albumversion und mit schick modifizierten Intro.
Dieser Punkt bringt uns zum Hauptargument, warum "Garden Of The Titans" eine Bereicherung für die Fansammlung ist. Opeth demonstrieren, wie gut Songs aus vermeintlich völlig verschiedenen Ären zusammenpassen, und wie logisch ihre Entwicklung verlief. Åkerfeldt und Akesson verwenden die gleichen Gitarrengrundeinstellungen für alte und neue Songs und rücken sie so klanglich näher zusammen. Plötzlich ergibt es absolut Sinn, "Cusp Of Eternity" ("Pale Communion") nahtlos mit "Heir Apparent" ("Watershed") zu verbinden.
Ob man sich "Garden Of The Titans" nun auf DVD, Blu-ray oder Vinyl zulegen sollte, hängt von der Motivation ab, sich den Konzertfilm anzugucken. Die Bildqualität stimmt, die Kamera setzt die Musiker gut in Szene, der Cutter schneidet nicht planlos durcheinander, sondern hält in interessanten Momenten auch mal länger drauf. Nachspielende Musiker freuts.
Doch DVD-Bonusmaterial gibts wie gesagt nicht bzw. nur auf YouTube (Opeth in der Achterbahn). Vom wunderschönen Red Rocks Amphitheatre sieht man bei Nacht ohnehin nicht allzu viel. Åkerfeldts Witzeleien zwischen den Songs ertönen auch in der reinen Audioversion. Im Kerncontent alles dufte, Dafür Abzüge in der B-Note - bei der ersten DVD seit acht Jahren hätte man sich da ruhig ein bisschen was einfallen lassen können.
3 Kommentare mit 4 Antworten
"Wehe es wirft ihm nach dem Hören dieses 'Heir Apparent'-Recordings noch mal jemand vor, er habe das Grunzen verlernt."
Nicht direkt verlernt, aber er hat deutlich an Höhe und Heiserkeit zugelegt und an Volumen eingebüßt. Und oft wirkt es so, als würde er mit den Growls kämpfen. Kein Vergleich zu früher.
Ist ja prinzipiell auch kein Problem. Aber wie dick müssen die Tomaten auf deinen Berger-Ohren sein, dass du das nicht mitkriegst?
Aus Teufel-Boxen klingt einfach alles besser.
Das mit Heiserkeit etc. mag alles sein, das Kämpfen eher nicht. Ist ne Weile her, seit er Growls im Vergleich zur Studioversion verlängert oder gar neue eingebaut hat – hier passiert genau das teilweise. Zu kämpfen hat er eher mit den Clean-Vocals. Deswegen schrumpfte der Anteil der Clean-Songs im Lauf der ersten "Sorceress"-Tour auch immer weiter zusammen, während die Growler mehr wurden.
Bin da ganz beim Schwinger, obwohl ich das Konzert hier noch nicht ganz gesehen habe. Aber ich hab die mittlerweile so einige Male live gesehen, und bei "Otto-Normal-Konzerten" werden die Growls tatsächlich immer schwächer und heiserer... leider leider...
Mikael kämpfte schon am Ende der Watershed Tour ziemlich mit den Growls. Die Bloodbath und OPETH DVDs von 2008/2009 sprechen da eine ganz eindeutige Sprache.
Das war alles zu Ghost Reveries Zeiten noch weit besser:
Er hat in den growls eine gewisse Dynamik gehabt, jetzt bleibt er durchweg auf einer Lage und growlt nur so viel wie notwendig; klingt für mich eher wie ein problem mit der Stimme..
Puh, also ich kann da keine 4/5 mehr für geben. Klar ist das klang- und bildtechnisch wahrscheinlich auf gutem Niveau, aber der Rest ist doch ein halbgares Produkt?! Und damit für Opeth-Verhältnisse absolut unzureichend!
Ich selbst gehöre als Fanboy zur Fraktion: Opeth auf Festivals ist wegen der kurzen Setlist eher kacke. Und ich meine mich zu erinnern, dass der Mikael selbst das auch in Interviews so bestätigt hat. Da kanns doch nicht sein, beim ersten Live-Produkt seit Soundwechsel nen Konzert mit 10 Tracks rauszubringen, die haben doch mehr Alben als das... Find ich persönlich echt enttäuschend, hätte da mehr erwartet und gewünscht...
Überlege gerade, ein Ohr zu riskieren. Aber Jaden Smith kam auch raus - schwierig. Kann mir jemand bestätigen, dass das hier besser ist als Jaden Smith?