laut.de-Kritik

Reiht sich gleich hinter "Icon" und "Draconian Times" ein.

Review von

Nachdem schon die Furcht aufkam, dass sich mit dem zehnten Album "Paradise Lost" der Kreis womöglich schließen könnte und sich die Engländer still und heimlich auflösen, ist das jetzt zum Glück vom Tisch. War die letzte Platte schon ein Schritt zurück zu mehr Härte und Frische, so setzen sie diesen Weg mit "In Requiem" konsequent fort und dürften damit sogar Fans von "Icon" und "Draconian Times" begeistern.

Ok, die beiden Alben sind einzigartig, doch "In Requiem" reiht sich direkt dahinter ein. Düster und unheilvoll läuten Tribals, Glocken und zerfasernde Gitarreneffekte den Opener "Never For The Damned" ein und gehen in ein kurzes, orientalisches Lead von Greg Mackintosh über. Darauf setzt Nick Holmes mit einem lang vermissten, rauen Gesang ein, der zwar nicht ganz so markant wie auf "Icon" klingt, aber auch nicht so saftlos wie auf "Host" oder "Believe In Nothing". Der Einstieg ist also schon mal gut gelungen. Doch es kommt tatsächlich noch besser.

"Ash & Debris" macht nach einem kurzen Streicherintro ganz schön Druck. Aaron Aedy wird sich nach dem Mix wohl fast gewundert haben, wie viel Raum seine Gitarre auf einmal wieder erhält. Nick legt stimmlich noch einen drauf, variiert seinen Gesang aber angenehm und passt sich den perfekt durchstrukturierten Songs an. Dass ausgerechnet das ebenfalls recht düstere und wuchtige "The Enemy" als Single ausgekoppelt wird, hätte die Band wohl selbst nicht vermutet. Die Nummer könnte spielend auch auf "Draconian Times" vertreten sein.

Ging es bis dahin eher zügig zur Sache, schraubt "Praise Lamented Shade" die Geschwindigkeit wieder herunter. Auch wenn in der Strophe verstärkt Keyboards auftreten, dominieren die runtergestimmten Gitarren den Chorus massiv. Und als wolle man sich für die etwas gezügeltere Power entschuldigen, drücken die Gitarren in "Requiem" wieder mächtig nach vorn. Allgemein ist die Gitarrenarbeit in der Nummer abwechslungsreich und interessant wie selten zuvor.

Ohne Vorwissen wäre ich nach dem ersten Durchlauf noch jede Wette eingegangen, dass "Unreachable" die erste Single wird, ist der Song doch so etwas wie der zweite Teil von "One Second" und einfach verdammt eingängig. Die gesanglich interessanteste Leistung liefern sie mit dem anschließenden "Prelude To Descent" ab, da Nick mit choralartigen Gesangsarrangements experimentiert. Was den Song aber noch ungewöhnlicher macht, ist der an Metallica erinnernde Abgeh-Part nach der Hälfte des Tracks.

"Fallen Children" klingt genau wie "Unreachable" relativ eingängig und bleibt schon nach dem ersten Durchgang hängen. Das folgende "Beneath Black Skies" steht beispielhaft dafür, mit welcher Leichtigkeit die Band aus Sussex von einer fast schon trockenen Strophe in einen kraftvollen, voluminösen Chorus wechselt. Mein absoluter Favorit läuft aber erst mit "Sedative God" ein, denn hier sägt Aaron endlich wieder die Art Riffs aus seiner Klampfe, die ich von Paradise Lost so liebe. Auch was den Gesang und die Lead angeht, ist der Track für mich das Highlight.

Das finale "Your Own Reality" klingt danach mit seinem von ein paar Streichern und Pauken getragenen Intro, über das Nick einen getragenen Gesang anstimmt, fast schon spartanisch. Auch als schließlich Gitarren und Drums einsetzen, bleibt die Trauermarsch-Stimmung weitgehend erhalten. Ganz großes Kino und damit wohl der endgültige Beweis, dass Paradise Lost noch lange nicht zum alten Eisen gehören, sondern nach einem schon starken Vorgängeralbum nun endgültig wieder Ansprüche auf den Gothic Metal-Thron erheben.

Trackliste

  1. 1. Never For The Damned
  2. 2. Ash & Debris
  3. 3. The Enemy
  4. 4. Praise Lamented Shade
  5. 5. Requiem
  6. 6. Unreachable
  7. 7. Prelude To Descent
  8. 8. Fallen Children
  9. 9. Beneath Black Skies
  10. 10. Sedative God
  11. 11. Your Own Reality

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23 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Bedingt. Mir gefallen beide Alben gut, aber ich mochte sogar "Host". ;)

  • Vor 17 Jahren

    mir unverständlich, was daran jetzt so toll sein soll. never for the damned, beneath black skys, unreachable, udn praise lamented shade haben ihre momente, keine frage. mir geht aber diese ganze metal-attitüde mit den unangenhem lauten und runtergestimmten gitarren total auf die nüsse. keine spur z.B von einem geschmackvollen und fetten gitarrensound ala icon, keine korrelationen zwischen gesang, leadgitarren und riffs. von der songschreiberischen brillanz einer host, oder der produktion und originaliät einer symbol of life ganz abgesehen. der vorgänger war ja schon
    mittelmäßige einheitskost, wenn es auch eine der wenigen PL-Platten mit durchgängig soliden stücken ohne größeren ausfall war. aber das hier ist nichts mehr für mich. wer soll sich das hektische geklöppel und das hohe gequengel von fallen children mit freuden anhören können? nur channel for the pain ist noch übler..

  • Vor 7 Jahren

    Geht wieder mehr Richtung Metal. Gefällt mir ganz gut. Schöne düstere Atmo und kitschfreie Lyrics. 4/5