laut.de-Kritik
Kindliche Unbefangenheit statt Rap-Plattitüden.
Review von Alexander EngelenMysteriös war das schon irgendwie. Im sich ankündigenden Frühling 2005 fand ich eine Platte in meinem Briefkasten. Von einem Pete Philly & Perquisite hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nie gehört. Aber die Aufmachung sprach mich sofort an. Pappcover im erdigen Braun gehalten. Eines dieser Alben, die man im Plattenladen (R.I.P.) aus dem Regal holt, weil sie sich optisch verheißungsvoll geben.
Die Information blieb aber dünn: ein Rap-Duo aus Holland, ein Feature mit Talib Kweli, viel mehr nicht. Nach etwa 72 Minuten befand ich mich im Zustand fast absoluter Zufriedenheit. "Mindstate" war herrlich leicht greifbar, aber nicht kurzweilig. Ehrlich und schlichtweg schön. Knapp zweieinhalb Jahre und 59 Minuten später geht es mir genauso. "Mystery Repeats"!
Was Peter Perquin und Pieter Monzon hier veranstalten, zeugt von innerer Zufriedenheit, von Ausgeglichenheit. Hier passiert Rap, der so spielerisch klingt, als hätte ihn das holländische Duo in jenem Alter gemacht, das auf den Cover-Bildern erkennbar ist - kindliche Unbefangenheit birgt scheinbar Potential für wirklich freie Entfaltung. Eine Zeit, in der man tatsächlich die Möglichkeiten hat, das zu machen, worauf man Lust hat.
Dabei nimmt der Perquisite'sche Musik-Kosmos mehr Anleihen von der alten Zeit als von der jüngeren. "Fish To Fry" bettet einen straighten Drumloop etwa auf ein lockerstes Jazz-Piano und Handbass-Lauf. In "Believer" schunkelt sich dieses Ensemble sogar noch weiter in klassische Swing-Gefilde, dass die Fußsohlen gar nicht anders können, als tappend dem Takt zu folgen. "High Tide" verzichtet schließlich fast gänzlich auf störendes Beiwerk und unterlegt Pete Phillys Raps mit staubig aufgebrachtem Piano.
Hier wird so wunderbar sauber auf Hip Hop-Konventionen und Rap-Plattitüden geschissen, dass man sich mit der Klobürste die Zähne putzen würde. Peinlich ist ruhiger und gefühlvoller Rap nämlich nur dann, wenn er falsch gemacht wird. Dass das richtig umgesetzte Konzept von Pete & Perq zusätzlich zur hohen Qualität sogar Abnehmer finden kann, zeigten sie vor wenigen Monaten in ihrer Heimat Holland. Dort stieg "Mystery Repeats" auf Platz Zwei der Charts ein – sogar vor Kanye West und 50 Cent.
Pete Philly & Perquisite machen eben Musik, auf die man sich im Kollektiv einigen kann. So langweilig das aber im Normalfall eigentlich klingt, so weit sind die zwei Holländer von einem gewöhnlichen Schnittmengen-Sound entfernt. Perquisites Streicher, seine Basslines und die tonangebenden, aber nie überzogenen Drums sind Werkzeuge eines Musikers, der Stimmungen zu schaffen weiß. Stimmungen, die verstanden werden können.
Doch auch ohne diese Bausteine funktioniert es ganz hervorragend. Für das Intro schnipselte er Pete Phillys Beatbox-Versuche etwa zu einem simplen Instrumental zusammen: "Clap Kick Flow" - ein Gesamtkonzept so simpel und doch so gut. Im Gegensatz dazu brilliert Perq mit "Traveller" schließlich vielschichtig auf seiner musikalischen Respektsbekundung gegenüber verschiedener Weltmusik-Einflüsse.
Nach wie vor mimt Pete Philly zusätzlich für Hooks und Bridges den Sänger und nach wie vor passt das besser ins stimmige Gesamtbild als eine möglicherweise stimmgewaltigere und zu perfekt klingende Alternative. "Last Love Song" erinnert dank dieses Gesangs und eines treibenden Beats fast schon an die Tage, als man in London noch zu Craig David und 2- anstatt zu Burial und Dub-Step ravete.
Ehrlich gesagt nimmt der Rapper auf "Mystery Repeats" im holländischen Team sogar eher die Rolle im Hintergrund ein. Waren auf "Mindstate" seine sympathischen Storys noch tragender Bestandteil, steckt Pete diesmal richtig zurück. So ersetzt mal ein Flöten-Solo und mal eine Violine seine Strophe; über weite Strecken agiert er mehr als Beiwerk und nicht als tonangebende Kraft. Nicht weil ihm die nötigen Fertigkeiten fehlten, sondern weil der Mann, der mit sich im Reinen ist, eben weiß, wann er seine Stimme erhebt und wann er besser schweigt.
25 Kommentare
Tolle Platte.
Realaxed, verspielt und verdammt musikalisch.
@Kessler (« Tolle Platte.
Realaxed, verspielt und verdammt musikalisch. »):
aber sowas von, richtig gute platte, die kommen auch bald auf tour, nicht?
Wie ist sie so?ist sie so relaxed und entspannt wie Mindstate?Finde Time Flies ,Womb the tomb und hightide überhaupt nicht gut.Wie ist der rest der platte?Aber ansonsten Mindstate und das RemixMindstate album sind sehr dope gewesen.
Sooo hab mich jetzt in die Platte reingehört,sie ist sehr abwechselungsreich.Und mit Empire ist auf der Platte der für mich der beste song 2008 für mich bis jetzt .Ich würde der platte auch ne 4/5 geben.Danke an die beiden für die gute Musik.
war in freiburg ... gleiche besetzung wie in erlangen was ich so lese und es war HAMMER geil ...
Diese Philly-mukke hat einfach dermaßen live-potenzial ... und die platte is das beste sich zum relaxen im regal findet.
Jazzhaus Freiburg:
[ http://www.youtube.com/watch?v=a-xtrEACyGc - Freestyle! ]
[ http://www.youtube.com/watch?v=r0Ko-IwDcy0 - Empire ]
[ http://www.youtube.com/watch?v=jui6F2YpZLo - Lazy ]
los:
diese seite öffnen
http://3voor12.vpro.nl/artiesten/artiest/1…
runterscrollen bis "pete philly & big band - graceful"
draufklicken und...
relaxen