laut.de-Kritik
Gespaltene Persönlichkeit (Berlin Tag & Nacht Edition).
Review von Thomas HaasWas für ein Zufall! Kurz nach der Bekanntgabe seines DSDS-Engagements und der ewigen Streiterei mit Ex-Mentor Bushido kommt Kay One, äh, Prince Kay One natürlich neuerdings, mit seinem neuen Album "Rich Kidz". Denkt man sich das Attribut weg, steckt der Titel praktischerweise sogar schon die Zielgruppe ab.
Dass der Prince rappen kann, dürfte kein Geheimnis mehr sein. Das Problem ist, dass er mit seinen Talenten umgeht wie (angeblich) mit seinem Geld: ziemlich verschwenderisch. Obligatorisch machten zwei weichgespülte Radio-Singles den Anfang. Der Sommerhit "V.I.P." glänzte mit latein-amerikanischen Einflüssen, "Keep Calm (Fuck U)" hingegen kommt mit der innovativen "Lebe-deinen-Traum-Yolo"-Einstellung daher.
Das restliche Album lässt den Hörer verdutzt zurück. So richtig scheint sich der liebe Kenneth nämlich nicht entscheiden zu können. Will er nun lieber in Schampus duschen, Kaviar frühstücken und die Frauen so oft wechseln wie seine Unterhosen, oder doch seiner Verflossenen hinterher trauern? Die Diagnose lautet: gespaltene Persönlichkeit. Von innerer Zerrissenheit zeugt euch die wild zusammengewürfelte Tracklist. Auf "Rockstar" folgt "Ich Hass Es Dich Zu Lieben", und während er sich in "Wiedersehen" seine Fehler in einer vergangenen Beziehung eingesteht, zählt er kurz darauf mit Farid Bang sein "Helal Money".
Beginnen wir mit der bekannteren Seite vom Prinzen: dem Partyhengst Kay One, der ohne die Erfindung von Verhütungsmitteln mittlerweile wohl auch auf Platz eins gehen könnte, wenn allein seine Zöglinge die Platte kaufen würden. Im Gegensatz zu diversen Kollegen pusht der selbsternannte Bachelor aber keine Betäubungsmittel, sondern vielmehr sich selbst. Den klassischen "Mittelfinger" gibt es zusammen mit Ex-Pussycat Doll Melody Thronton an die Hater. So weit, so ausgelutscht.
Wenn es dann inhaltlich schon an allen Ecken und Enden hapert, sollte es doch mindestens soundtechnisch in eine etwas originellere Richtung gehen. An vereinzelten Stellen gelingt dies dann auch. Klar, da wird mehrgleisig auf jeden vorbeifahrenden Zug aufgesprungen. Hier mal ein wenig Großraumdisko-Rave, dort eine rockige E-Gitarre, dann wieder melancholisches Klavier-Geklimper, aber auch mal ein ordentlicher Synthie-Trap-Banger.
Lichtblicke sind das angriffslustige "Helal Money" und das elektronisch-experimentelle "Prince Kay One", bei denen seine raptechnischen Fähigkeiten aufblitzen. Nur mit fragwürdigen Modevorlieben à la "Zieh dir einen Jogging-Anzug an und du siehst gut aus, Bitch" steht er hoffentlich ziemlich alleine da. Aber wem's gefällt ...
Interessanter wird es zumeist bei den persönlichen Anspielstationen, die einen verletzlichen Kenneth Glöckler zum Vorschein bringen, der seiner großen Liebe nachtrauert. "Karma" überzeugt beispielsweise vor allem mit dem emotional-verzerrten Refrain. Einen Dorn im Auge stellt in dieser Phase aber sein neuer Busenfreund Emory dar, der auf sage und schreibe acht (!) Tracks die Hook verhagelt.
Den Höhepunkt findet das Scheitern in der aalglatten R'n'B-Nummer "Ich Hass Es Dich Zu Lieben", die einem die Schamesröte ins Gesicht treibt. "Was interessieren mich die Bitches / All dieser Luxus, scheiß auf Champagner", heißt es da auf einmal. Kay, jetzt mal ernsthaft. Verkackeierst du deine Fans etwa? Überspannst du das mit deinem Player-Image etwa bis ins Maßlose?
Denn wer zuvor noch Lines wie "Weiße Gucci Schuhe / man ich lieb' es wenn sie glänzen / Scheiß auf die Liebe, denn für mich zählen nur noch Benz und Bentley" droppt, braucht sich nicht zu wundern, wenn man da ins Stutzen kommt. Diese lächerlichen Widersprüche lassen den Ravensburger dann so unglaubhaft wirken, dass man ihm schlussendlich keine seiner beiden Seiten mehr abkauft.
Trotzdem steht die Platte auf der Pole-Position der deutschen Album-Charts, demnach hat Prince Kay One alles richtig gemacht. Am Schluss zählt ja sowieso nur die Kohle. Oder doch nur die Liebe? Oder was?
19 Kommentare mit 11 Antworten
So, Bier kaltstellen und Popcorn in die Mikrowelle. Das kann ja hier nur gut werden.
Das Cover hat was von George Michael. Hätte mir ein paar mehr Zitate gewünscht!
Cycl:
Ne, bei Gay One sind sich hier sicher alle einig. Es sei denn es tauchen kleine schwule Kinderfans auf und protestieren empört..
Ich empfehle auch die rap.de-Review, fein geschrieben:
http://www.rap.de/reviews/review/15173-pri…
Wer sich übrigens einen interessanten beef geben will verfolgt besser was zwischen Edgar Wasser und Money Boy abgeht! Sheesh.
Bin inzwischen zufällig über den hier nicht näher erwähnten Track "Hollister Girl" gestolpert und doch ein wenig amüsiert über Zeilen wie "Orgasmus, wenn sie einem die Hand gibt"; da wäre wirklich noch mehr drinnen gewesen für den Leser.
Oh Gott.. Hollister, Abercrombie etc ist der übelste Dreck überhaupt. Nur verwöhnte geschmacksbefreite Menschen kaufen so einen überteuerten Mist. Surfer-Style, ist klar..
über diesen track kann man nur stolpern wenn man das gerade von mir gebrachte shindy-Video ansieht
Erwischt.
ist aber auch zu gut.
"Das ist meine Lieblingsstelle!". Luftgitarre.
armes Deutschland, was seit Ihr doch so geschmacksneutral!!!
Der Glöckler ein Rapper . . . nur lächerlich!!
Analyse zum Disstrack von Kay One: https://www.youtube.com/watch?v=rnx-VUW8Sqk