laut.de-Kritik
Der King Push-Appetizer ist ein Hauptgang.
Review von Thomas HaasPusha T gehört zweifelsohne zu der auserkorenen Handvoll Rapper, die sich über Jahrzehnte hinweg im Spiel halten, ohne dabei die immergleichen, aufgewärmten Aufgüsse einstmaliger Großtaten zu reproduzieren. Ganz im Gegenteil hat King Push im Verlauf seiner Karriere schlichtweg die richtigen Moves gemacht: Nachdem sich abzeichnete, dass Clipse infolge ihres Gamechangers auseinander treiben, bandelte Pusha bei Kanyes Qualitäts-Imprint G.O.O.D. Music an. Fünf Jahre später nun findet sich folgende Line wie in Stein gemeißelt auf Pushas neuer Platte: "The president of G.O.O.D. Music has been announced / A quarter million a year and that don't bounce".
Die Gründe für die fortwährende Relevanz des Pushas liegen derweil auf der Hand. Musikalisch tänzelt der MC aus Virginia auf dem schmalen Konsensgrat zwischen ins Jetzt übersetzten neptun'schen Klangfricklereien und dezenten Anleihen vom derzeit vorherrschenden State of the Art. Wie hervorragend die Mixtur funktioniert, ließ bereits das hypnotische und zeitgleich brutal klatschende "Untouchable" erahnen.
"Darkest Before Dawn: The Prelude", der als Vorspann zur großen King Push-Platte angedachte Appetizer funktioniert derweil als eigenständiges Album, das rein qualitätstechnisch den Zusatz "Prelude" nahezu überflüssig macht. Viel eher entwickelt sich Pusha T stetig in Richtung des von Jay Z geprägten Begriffs des Grown Man Raps. "Darkest Before Dawn" lässt daran keine Zweifel. Push begrüßt sein Publikum zunächst mit der gewetzten Aufforderung: "Leave your conscience at the door".
Was folgt ist eine gute halbe Stunde vollgepackt mit ignorantem wie scharfsinnigem Szenebelächeln, erhabener OG-Flexticker-Attitüde und pointierten Sticheleien. Allein die bissigen Zeilen auf "Crutches, Crosses, Caskets" dürften so manchen seiner Mitstreiter ins Mark treffen: "All I see is death by the masses / The only asterisk is the change of address". In eine ähnliche Kerbe schlägt auch "M.F.T.R." (More Famous Than Rich) mit Dauerkollaborateur The Dream, dessen zerbrechlich gesungene Hook fast schon als Verhöhnung an vermeintliche Gangbanger verstanden werden darf: "Niggas ain't been to church in a minute / But it's funny how that TEC make a nigga get religious".
Auch musikalisch reichen Pusha T oft simple Mittel aus, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Kanye reanimiert auf "M.P.A." (Money, Pussy, Alcohol) den Runaway-Swag mittels Pianogeklimper und einer Schellen-Snare, A$AP Rocky trällert beiläufig ein paar drogenverhangene Interludes zwischen die stets makellos cleanen Parts des Pushas. Wie sehr Letztgenannter dabei unaufhörlich die Oberhand über das Geschehen behält, zeigt sich im letzten und besten Song der Platte.
"Sunshine", ein politisch motivierter Rundumschlag gegen die Berichterstattung über und Wahrnehmung der schwarzen Bevölkerung in Amerika, dürfte wohl mit der stärkste Song sein, der im Zuge der Black Lives Matter-Kampagne entstand. Hinter brodelnden Synthies, die wie Polizeisirenen eine elektrische Spannung provozieren, kickt Pusha T bissige Lines en masse: "Public Enemy, I am Chuck D / Flavor Flav in Louis V, but I'm Huey P / Woo! The new elite, it's either you or me / Let the sunshine, cause their dark clouds try to ruin me".
Dass die Platte derweil nur als Überbrückung des fürs Frühjahr angekündigten King Push-Albums fungieren soll, grenzt somit fast schon an Fahrlässigkeit. Mit einer noch eigenständigeren Beatauswahl könnte Pusha T in Bälde also sein ganz eigenes "Hell Hath No Fury" veröffentlichen. G.O.O.D. Music season is definitely approachin'.
6 Kommentare mit 11 Antworten
Bester Mann. Schon lange dabei und erst jetzt erblüht er richtig auf Solo-Pfaden. Schön zu sehen.
Sehr gute Platte, roh, in seiner Vortragsweise immernoch einzigartig und unerreicht.
Sogar die pop angehauchten Songs knallen diesmal. Track 4 - Bester Song, vorläufig.
Bitte nicht davon abbringen lassen, dass Toriyamafan dieses Album feiert, es ist trotzdem absolut großartig!
F.I.F.A. und Untouchable ficken halt locker Alles weg...
hach blöd, jetzt hab ich dem album schon ungehört 1/5 gegeben.kam dein aufruf wohl ein bissi zu spät
Leider mit dem unvermeidlichen Kanye-Feature. Dieser Typ ist einfach so ein Dreck.
Ansonsten kann man sich wohl wirklich sehr auf das richtige Album
freuen.
4.
Ach ja, ich waere fuer The (New) Clipse mit Ab-Liva, der war schon immer heftig unterwegs.
Sigel auch dick am Start.
Kanye hat noch nicht mal n part. Der verheizt Rocky und Ye bloss für die Hook.
Eine hook von Kanye ist schlimmer als ein ganzes Album von Fler. Ich denke, damit ist genug gesagt.
Stimme Baude zu, Kanye schon lange einer der schlimmsten Menschen ever. Ihn rettet einzig sein Frühwerk.
Find ich gar nicht. Hat mich fast auf ganzer Linie überzeugt. Album kommt Ende Februar.
Yo, freilich nur meine ganz persönliche Meinung / Geschmack.
Hast ja auch wenig Ahnung von Rap.
Freilich.
"They ask why I’m still talking dope, why not?
The biggest rappers in the game broke, why lie?"
Im Nachhinein frage ich mich ja irgendwie, ob damit neben Birdman nicht auch ein gewisser Labelkollege gemeint war
Immer noch ganz groß und für mich als Gesamtpaket sogar eine Spur besser als "My Name Is My Name" mit seinen paar mäßigen Pop/R&B-Features. All killer, no filler, und dazu noch so schön kompakt. Wohl mein meistgehörtes Ami-Release des letzten Jahres. Wann kommt denn nun endlich das richtige Albung?
Auch auf dem Konzert im April kein Wort dazu, haette ja eigentlich laengst raus sein sollen. Neulich kam immerhin 'Drug Dealers Anonymous' (:D) mit Gay-Z.
Stimmt, das lässt hoffen. Falls ihn Kanye oder der Jiggaman aber überzeugen, das Teil auch nur über Tidal rauszubringen, kotze ich.
In pain, need record.