laut.de-Kritik
Von einem, der auszog, ein Beatle zu werden.
Review von Joachim GaugerEin Querkopf war er ja schon immer. Während Kollegen von Radiohead bis Robbie Williams von Emimusic wegstreben, kehrt Ringo mit "Liverpool 8" zu seinem alten Label zurück, zu der Plattenfirma mithin, die immer noch alle Beatles-Songs wie einen großen Schatz hütet.
In dieser Gesellschaft leicht angestaubter Klassiker ist Ringo auch ganz gut aufgehoben. Denn trotz der Mitarbeit von Eurythmics' Dave Stewart halten die Songs von "Liverpool 8" kaum Überraschungen bereit.
Das geht mit dem Titelsong, der nach streicherumflorter Einleitung in einen simplen Mitgröl-Refrain mündet, schon recht unspektakulär los. Im Text erzählt Ringo, wie sehr er immer noch an Liverpool hängt, obwohl er die Stadt einst verließ, um mit den Beatles Karriere zu machen.
Das passende Ambiente erzeugen kreischende (Beatles-)Fans und Lalala-Chöre, Zitate aus einer anderen, vergangenen Welt. Wer einmal ein Beatle war, wird immer einer sein, und so erinnern trotz großer stilistischer Vielfalt beinahe alle Songs auf die eine oder andere Weise an die Pilzköpfe.
Titel wie das blueslastige "Think About You" hat Ringo selbst schon viele geschrieben, andere Lieder verweisen mit Sitarklängen auf die Indien-Erfahrungen der Beatles ("Gone Are The Days") oder mit dominantem Piano an Lennon-Kompositionen ("Tuff Love"). Ganz simpel nach dem Strophe/Refrain-Muster sind auch die Stücke gestrickt, die Starr mit dem für ihn typischen Augenzwinkern vorträgt, etwa die Country/Western-Tracks "Pasodobles" und "R U Ready".
Bei letzterer Nummer hat Ringo sich noch ein kleines Scherzchen erlaubt: über den gesamten Song ist ein Filter gelegt, der ihn klingen lässt, als würde er mit einem Billigradio abgespielt. Nur ein kleines, harmloses Interlude in der Mitte ertönt ungefiltert und überstrahlt so den Rest des Songs. Auch etwas ganz Kleines kann also ganz groß rauskommen - alles eine Frage der Perspektive.
3 Kommentare
Natürlich hält ringo starr als knapp 70 jähriger ex drummer der wohl größten band-legende keine überraschungen bereit.
Als songwriter wird es keine wundersame entwicklung nach 50 jahren musikbiz geben können.
Aber das muß es auch nicht. denn sowohl bei den beatles als auch danach hatte der humorvolle brite stets einen großen pluspunkt, der vor allem dem mitunter verbissen wirkenden mccartney abgeht: er versteht es, sein publikum aufs trefflichste zu unterhalten und die sympathiekarte voll auszuspielen.
Genau an diesem punkt setzt liverpool 8 an.
Das autobiographische titelstück zu beginn ist da wegweisend. Eine hypnotische kleine britpopmelodie schmeichelt sich mit einem wahrlich betörenden refrain in die gehörgänge, die nicht unberührt lässt.
„think about you“ bringt eingängigen aber kraftvollen rock, der mit seinem verzerrten gitarrensound einmal mehr deutlich macht, dass ringo in seiner musikalischen ausrichtung deutlich rockiger war und ist, als der rest der beatles.
„for love“ wäre – so es oasis veröffentlicht hätten – sicherlich als rückkehr des „großen songwriters“ noel gallagher gefeiert worden. Eine so unangestrengte pophymne haben letztere seit 12 jahren nicht mehr hingelegt. Der track zeigt einmal mehr, woher die einflüße kommen, welche den gesamten britpop/rock ursächlich prägten.
„now that she’s gone away“ und “gone are the days” sind 2 simple aber melodieselige songs, die mit bonbonbuntem sound den frühling herbeiträllern.
„tuff love“ zeigt einem alan parsons noch mal augenzwinkernd, wer hier der soundingenieur der beatles war und wer der beatle. Klingt wie eine positiv gewendete und lebensbejahende version eines eingängigen „tales of mystery…“ songs (alan parsons project 1975).
„harry’s song“ wäre – hätte es damals zur auswahl gestanden – sicherlich mit auf „sergeant pepper“ oder dem „white album“ gelandet, ebenso „if it is love“.
Die schlußballade „love is“ rundet das bild ab, bevor „r u ready?“ mit ringo typischen comedypop noch mal den country auf die schippe nimmt.
Auch wenn die vocals mitunter bedenklich sind. Hier schafft es old (g)ringo überzeugender als in den zerfaserten 80ern und 90ern, wieder an das niveau anzuknüpfen, welches er 1973 mit dem „ringo“ album zum eigenen maßstab erhob. Bedenkt man jedoch, dass letzteres mit der unterstützung aller 3 weiteren beatle zustandekam und der mann eben auch 35 jahre jünger war, wiegt die leistung des 2008er werks umso gewichtiger.
Ringo ist vielleicht kein perfekter songwriter. Aber er kann etwas, woran die meisten stets scheitern: er schafft es töne zu warmen und bunten farben zu formen, die als fröhliches akustisches antidepressivum hervorragend wirken.
Wer also mal wieder lust verspürt, frühlingsbeschwingt „im garten eines kraken“ zu lustwandeln, der ist mit dieser cd gut bedient.
Definitiv eine unerwartete bereicherung meiner sammlung
da kriegt der olle mccartney den legenden award von mtv hnterhergeworfen und der freundliche - künstlerisch auch nicht unterbelichtete - ringo wird mal wieder komplett ignoriert.
schade, die liverpool klingt viel lebendiger als maccas output der letzten jahre.
hat mich positiv und unerwartet überrascht.
Alles waRingos platten in den 70ern ausmachte kehrt wieder. Wer hätte das gedacht, ich auch nicht. Jedoch muss ich Avvocado in einem Punkt wiedersprechen, der Produzent hat viel mehr Verdienste an dieser Scheibe, was aber Ringos Leistung nicht schmälert.