laut.de-Kritik
Schon vor der Blütezeit verwelkt.
Review von Sven KabelitzWie eine stolpernde Hürdenläuferin scheitert "Soul Flower" von Robin McKelle bereits an ihrem Pressetext, der sie als neue Aretha Franklin anpreist. "Warum, zum Teufel, denkt man ständig an eine der Schlüsselszenen aus dem Kult-Klassiker 'Blues Brothers'? An jene Szene, als diese wundervolle Tresenschlampe im Burgershop ihrem Gatten, der sich gerade wieder mal mit ein paar good ol' fellows für Nächte, Wochen oder Monate in die maskuline Vorstellung von Freiheit abseilen will, ein zorniges 'Think!' entgegen schleudert?"
Die aalglatte und blutleere Produktion des Albums bringt mir eher einen Film in Erinnerung, von dem ich mir wünschte, ihn niemals gesehen zu haben: "Blues Brothers 2000".
Robin McKelle mag nach ihren Anfangsjahren im Jazz nun offenbar gerne die Sharon Jones, Amy Winehouse oder Gladys Knight geben. Doch allzu oft klingt ihr Sonntagnachmittags-Soul so spannend wie Lisa Stansfield bei einem netten Teekränzchen und so schwarz wie ein Acht-Liter-Eimer Alpinaweiß. Ihre Stimme, die eigentlich schön verraucht und gebrochen tönt, schwingt nicht nach. Auf der Distanz fehlt es McKelle einfach an Volumen.
Schnell wird klar, worin das wahre Problem von "Soul Flower" liegt: Spielte die Sängerin in ihren Anfangstagen noch alte Songs nach, hat sie hier bis auf drei Tracks alle mit ein wenig Unterstützung selbst geschrieben. Nicht gerade ihre Stärke. All zu oft verliert sie sich in belanglosen Nichtigkeiten.
Eigentlich kein Wunder, dass unter diesen Umständen ausgerechnet die Cover-Versionen der beiden Klassiker "To Love Somebody" und "I'm A Fool To Want You" zu Höhepunkten mutieren. Wirklich neue Facetten hat sie den beiden Stücken zwar nicht hinzu zu fügen, sie macht aber auch nichts kaputt. Gerade das Duett mit Lee Fields im Bee Gees-Schmachtfetzen macht deutlich, woran es McKelle im Vergleich zum alten Raubein fehlt: Ausstrahlung, Esprit und Charisma.
Um dies zu beweisen, versenkt sie im Vorbeigehen den Burt Bacharach-Evergreen "Walk On By", dem seit der Isaac Hayes-Version von 1969 nichts mehr hinzuzufügen ist, wie die Briten die Bismarck.
Ihre Eigenkompositionen kommen in guten Momenten nicht über das Mittelmaß hinaus. "So It Goes", "Miss You Madly" und "Fairytale Ending" sind nett und tun nicht weh. Mehr aber auch nicht. In "Love's Work" steht McKelle ein völlig unterforderter Gregory Porter zur Seite.
"'Soul Flower' ist die Platte, von der ich immer geträumt habe", erzählt Robin McKelle voller Inbrunst. Leider ist dieser Drang nie zu spüren. Es steht noch viel Arbeit an, wenn die Sängerin die gleiche Lust bei ihren Zuhörern entfachen möchte. Im Gegensatz zum Jazz ihrer Anfangstage wirkt McKelle hier merkwürdig fehlplatziert. Die "Soul Flower" verwelkt vor ihrer Blütezeit.
1 Kommentar
Der Kritiker hatte wohl einen schlechten Tag oder eine Profilierungsneurose. Wohlmöglich ist er reaktionär? Hört Euch in die Platte rein! Sie ist toll!! Die alte Robin McKelle war nur eine Vorbereitung auf dieses Album, sie hat sich gefunden. Stilgerecht sauber produzierte Genremusik, tolle Instrumentierung und zurückgenommener aber traumhafter und cooler Gesang. Ich bin begeistert. Das neue Album ist jetzt, 2014, heraus gekommen: "Heard of Mampfis".