laut.de-Kritik

Blitzsaubere Adult Pop-Revue.

Review von

Mitunter wurde in der Vergangenheit gerne an Roger Cicero herumgemäkelt - Stichwort Texte oder Hutmode. Allzu verbiesterte Kritiker stießen sich an einem vorgeblich antiquiertem Rollenbild der Dinge zwischen Mann und Frau.

Wer unbedingt weiterhin Erbsen zählen will, wird auch auf "Artgerecht" fündig. Diesen Vorwürfen begegnet Cicero auf dem aktuellen Albumcover allerdings mit Humor: Im Arm hält er einen prachtvoll eitlen Gockel, und beide geben offenbar ein gut eingespieltes Team ab.

Roger erweitert sein Spektrum nun mit lebendigem Sixties-Retro-Pop samt einer ordentlichen Dosis Funk und Soul, Motown-Zitate inklusive. So wandelt "Ich Bin Dabei" (mit schöner Textpointe im Refrain) auf klassischen Black Music-Balladenpfaden, während wummernder Groove "Spontis Zeugen Banker" dominiert. Allerfeinste Sechziger-Beats finden sich in "Wenn Ich Dich Los Wär" und "Boutique".

Gerade bei den Lyrics zum Shopping-Song können wieder die Rollenspiel-Messer gewetzt werden - aber weshalb eigentlich? "Wie komm' ich raus aus der Boutique / ohne Krieg? Wie komm ich raus aus diesem Laden / ohne Schaden?" Mann und Frau setzen eben unterschiedliche Einkaufsprioritäten.

Texter Frank Ramond beweist erneut ein gutes Händchen für die Umsetzung auf den Punkt gebrachter Themen. Etwa mit "Auch Sonst So", das die Begegnung mit einer lang nicht mehr gesehenen Jugendliebe behandelt. Man sieht sich wieder und fragt sich, warum nur damals das Herz sich verzehrte: "Doch dann kommt die Zeit / räumt hinter einem auf / verwischt alle Spuren / legt ihre Schleier darauf." Die Zeit verändert unwiderruflich den Blickwinkel.

Der Song "Seine Ruhe" weckt dann angenehme Assoziationen an vergangene Tom Jones-Großtaten aus den sechziger Jahre. Cicero nimmt besonders gerne auch allerlei Stationen im Liebesleben ins Visier: Da ist etwa die gar nicht so beglückende Sache mit der auffallend schönen Freundin, wegen der einen alle beneiden. Denn: sie war "Zu Schön Um Nett Zu Sein."

Das Thema virtuelle Dates inklusive ihrer oft wahrhaftig fetten Lügen erhält mit der "Internet Single Börse" eine amüsante Abhandlung. "Tabu" beschäftigt sich mit einem absoluten No-Go: Seitensprung mit der Frau des besten Freundes.

Cicero bietet eine durchweg kurzweilige und musikalisch dank der hervorragenden Band auf hohem Niveau stehende Adult Pop-Revue. Witz, Schwung und Drive wetteifern um die Aufmerksamkeit des Hörers. Auch stimmlich tobt sich der ohnehin sehr flexible Sänger aus: Neben smartem Croonen und Gespür für beseelten Soul kommt auch mal eine Prince'sche Kopfstimme zum Einsatz ("Ohne Worte").

Im jazzenden Überholtempo begeistert er, von messerscharfen Bläsern, atemlosen Drum-Stakkatos und einem schmutzigen Hinterhof-Saxophon eskortiert, im energiegeladenen "Das Ist Nicht Das, Wonach Es Aussieht". Stil, Klasse und jede Menge Abwechslung: Mit "Artgerecht" hat Roger Cicero seine künstlerische Messlatte erneut weiter nach oben gelegt.

Trackliste

  1. 1. Nicht Artgerecht
  2. 2. Ich Bin Dabei
  3. 3. Boutique
  4. 4. Hinterm Steuer
  5. 5. Spontis Zeugen Banker
  6. 6. Und Sonst So
  7. 7. Wenn Ich Dich los Wär
  8. 8. Tabu
  9. 9. Seine Ruhe
  10. 10. Zu Schön Um Nett Zu Sein
  11. 11. Ohne Worte
  12. 12. Das Ist Nicht Das, Wonach Es Aussieht
  13. 13. Internet Single Börse
  14. 14. Für 'Nen Kerl

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129 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Erst dumm dann Idiot ... sich dann aber äussern ohne zu wissen über was wie nennt man das denn? Spast? Hirni? Sag selbst ...

  • Vor 15 Jahren

    Mein Gott wann raffst du es ich hab es kapiert ich hab mir das lied nicht angehört und kann deshalb nichts dazu sagen wie ich in meinem ersten post auch geschrieben habe das ich es dachte das er gegen sie "hetzen" würde aber es stimmt nicht und ich hab es eingesehen...

    Und an die beleidigungen wenn du irgendwelche behauptungen aufstellst wie z.B:@Swingmaster Jazz (« ... der politische Song des Jahres von Cicero ... »):

    dann nen ich dich halt idiot!

  • Vor 15 Jahren

    bah, wurde gestern im suff (ergo wehrlos) gezwungen mir dieses album anzuhören und ich hätte fast auf den fussboden gekotzt.

    ich meine, die texte!!!und ich hab mir echt jedes einzelne lied im booklet durchgelesen.
    der andrack hats in der review ja schon hellseherisch erwähnt, dass man sich daran stoßen wird und das auch VÖLLIG ZU RECHT!!!

    mal davon abgesehen, dass die reime übelst einfach und immer nach dem gleich muster aufgebaut sind, alles noch schlimmer macht der inhalt.

    es werden ausnahmslos männer-frauen stereotypen widergekäut. ich meine, wie kann man mario barth's klischeetiraden scheisse finden und dann sowas tolerieren?!

    das mann-frau bild is ungefähr aus den 90ern, sowas hören wahrscheinlich irgendwelche standard ü30 pärchen, mit nem schönen reihenhaus in berlin-mariendorf, die vllt mit so nem rollenverständnis aufgewachsen sind und sich dann tatsächlich verhalten wie in den texten beschrieben.

    oder irgendwelche kleinbürgerlichen hausfrauen.

    ich meine, wie kann man das ernst nehmen?!und wenn man die texte nich ernst nimmt, wer möchte denn schon so ne überspitzte darstellung, was soll denn daran lustig sein?!

    ja männer und frauen sind alle gleich, lasst uns in einem kreistanz unsere stereotypischen verhaltensweisen feiern!!!

    ganz ganz fürchterlich.

    von der musikalische eintönigkeit mal abgesehen.

    grässlich! :conk:

    wenn ich jemals so werde, wie in den liedern beschrieben, wünsche ich, dass man meinen kopf in eine toilette taucht!!! :angry: