laut.de-Kritik
Finsterer Krimi mit Mordsbegleitung.
Review von Giuliano BenassiNeben seiner Stratocaster und dem Alkohol liebte der Gitarrist aus dem irischen Donegal ganz besonders Krimis. Nicht nur las es sie gerne, sondern nutzte Titel und Storys auch für eigene Stücke. Eine Vorliebe, die die vorliegende, üppig gestaltete Compilation würdigt.
Die Idee kam Rorys Bruder Donall, als er erfuhr, dass der auch in Deutschland erfolgreiche schottische Krimiautor Ian Rankin ein Fan Rorys ist. Rankin versprach, eine Erzählung aus Titeln und Songpassagen zu weben. Mit ins Boot holte Donall auch den US-Comiczeichner Timothy Truman, der für DC Comics gearbeitet und diverse Cover und Konzert-Plakate für Grateful Dead gestaltet hat. Auch er ein Fan Rorys, wie er selbst erklärt. In seiner ersten eigenen Comic-Serie "Grimjack" trifft der Hauptdarsteller, ein Ermittler im Heft von November 1984, auf einen Musiker, der Rory Gallagher verblüffend ähnlich sieht.
Die Erzählung Rankins mit dem Titel "The Lie Factory" fällt etwas kurz, dafür umso düsterer aus. Mord, Korruption, schöne Frauen, Inzest – alles dabei, was das Pulp-Herz begehrt. Wer sich den gedruckten Text nicht antun will, kann sich die Geschichte aus dem Munde des irischen Schauspielers Aidan Quinn ("Michael Collins" und die TV Serie "Elementary") anhören und seine auditory proficiency auf die Probe stellen.
Um die lohnenswerten Zeichnungen zu sehen, muss man dann doch das Buch aufschlagen. Ganz lustig fallen die erfundenen Anzeigen für Ramschprodukte auf der letzten Seite aus, die unter anderem einen Rory Gallagher-Gitarrenkurs für 2,98 Dollar anpreisen. "Auch wenn du eine Gitarre nicht von einer Schaufel unterscheiden kannst – mit Rory fängst du an zu spielen, noch bevor du es merkst", steht kaum überzeugend im reißerischen Text.
So einfach ist es nun doch nicht. Die Auswahl der Stücke hat weniger Best Of- als Themencharakter, es geht eben um Songs, die mit Geschichten von Mord und Totschlag zu tun haben. Wie die unnütze Keyboardbegleitung erkennen lässt, stammt der titelgebende Track aus Gallaghers vorletzten Studioalbum "Defender" (1987), doch sein markanter Gitarrenstil setzt sich selbst hier durch.
Nicht umsonst stand er auf einer Stufe mit Gary Moore und konnte in seinen besten Momenten auch Stevie Ray Vaughan das Wasser bzw. das Bier reichen. Eben ein Musiker, der mit viel Leidenschaft aus dem Bauch heraus spielte. Wie die mitreißenden "Continental OP" und "Loanshark Blues" beweisen, die ebenfalls auf "Defender" zu finden sind.
"Kid Gloves" und "Slumming Angel" stammen aus Gallaghers letztem Studioalbum "Fresh Evidence" (1990), "Big Guns" aus "Jinx" (1982). "B Girl" erschien gar erst 2011 auf dem posthumen "Notes From San Francisco", das grandiose akustische "Barley & Grape Rag" 1976 auf "Calling Card". Mit "In Your Town" ("Deuce", 1971) und "Sinner Boy", mit seiner ersten Band Taste, kommt auch Gallaghers Frühphase zum Zuge.
Die Live-CD bietet neben dem einen oder anderen Track, der davor schon in der Studio-Version zu hören war, auch eine Perle von 1972: "Messin' With The Kid". Wenn es an der Auswahl der Stücke etwas auszusetzen gibt, dann der Umstand, dass "Defender" mit sechs Stücken überproportional vertreten ist und dass die 1970er Jahre, in denen Gallagher seine beste Zeit hatte, nicht genügend zum Zuge kommen. Aber Best Ofs gibt es auf dem Markt genügend. Dass der Mann spielen konnte, eröffnet sich dem Novizen auch hier.
Rory Gallagher's long gone, but his music lives on. "Kickback City" ist eine nette Idee, ebenso nett umgesetzt, die Schule machen sollte.
1 Kommentar
möchte bezweifeln, ob donal da im sinne von rory gehandelt hat.