laut.de-Kritik
Knochenbrechersound der stockfinstersten Sorte.
Review von Dani Fromm"So fuck you fuckboys forever. I hope I said it politely." Es geht doch nix über eine höfliche Ansprache. "And that's about the psyche of Jaime and Mikey." Dass es dort eher nicht zugeht wie im Bällchenbad, haben Killer Mike und El-P eigentlich schon nachhaltig mit ihrem brachialen gemeinsamen Erstschlag klar gestellt. "Last album voodoo, proved that we was fuckin' brutal." Oh, ja - und heute? "This Run The Jewels is murder, mayhem, melodic music." Oh, ja!
Wer auch immer die beiden Hauptakteure einander vorgestellt hat, reiche bitte bei Gelegenheit seine Hände zum Küssen vorbei: Er hat der Welt damit eine echte Arsch-auf-Eimer-Kombination beschert. Ein grandios rappender Produzent, ein grandioser Rapper: Mehr braucht im Grunde kein Mensch. Trotzdem freut sich die Run The Jewels-Familie über Zuwachs: Wie schon beim Debüt, lässt sich El Producto an den Reglern von Little Shalimar assistieren. Den libanesisch-stämmigen Produzenten aus Brooklyn sollte man, scheint mir, dringend auf dem Schirm behalten, hatte er doch diesmal bei satten zwei Dritteln der Beats die Finger im Spiel.
... und, Hölle, was sind das für Beats?! Ihre Macht lässt sich schier körperlich spüren, bringt neben Trommel- und Zwerchfell auch gleich Nerven und Sehnen zum Beben. Oder, in des Meisters Worten: "Fair enough, the way that the beat bump do sound tough / I made it in the dark like civil war surgery." Die dramatischen Klaviere, die anderenorts halbdutzendweise im Gewitterregen herumstehen, muten wie aus Teenie-Vampirromanzen an, angesichts dieser stockfinsteren Knochenbrecher hier. Obacht! "You are now listening to Run The Jewels."
Absehbarkeiten kommen bei El-P und Little Shalimar nicht in die Tüte. Ihre Produktionen wechseln das Gesicht so mühelos wie Jaqen H'ghar und seine Zunftbrüder. Zu den gewaltigen Bässen gesellen sich stampfende, schrappende Industrial-Klänge, schiefe Melodiefragmente und wirkungsvoll zusammengeschnittene Vocal-Fetzen. Hier heult eine Gitarre, da quietschen Bläser. Für "Angel Duster" gerät schnell noch ein ganzes Streichorchester in Schräglage, ehe El-P für die Zugabe einen akustischen Elefanten durch den zweiten Teil der "Blockbuster Night" stapfen lässt.
Die Beats schlagen Haken wie die Hasen und rennen, kaum dass man einen Moment nicht akribisch aufpasst, längst in eine ganz andere Richtung als noch im Augenblick zuvor. "Jeopardy" legt in seinen dreieinhalb Minuten Spieldauer stetig an Komplexität zu. "Oh My Darling Don't Cry" dreht und windet sich und kippt alle Nas' lang in eine neue Stimmung. Auch nach mehrfachem Hören habe ich noch immer keine Ahnung, wie ich von den zwitschernden Hintergrundgeräuschen vom Einstieg plötzlich in dieses bleepende Elektro-Geflacker geraten bin.
Nicht nur in sich bergen die Beats gewaltige Dynamik. Auch ihre Abfolge sorgt für Wechselduschen. Zwischen kalt und eiskalt. "Blockbuster Night, Part 1" traktiert die Bauchdecke mit einer wahren Prügelsalve, ehe "Close Your Eyes (And Count To Fuck)", für das Rage Against The Machines Zack De La Rocha vorbeischaut, restlos das Schädeldach wegsprengt. Gesummte Gesänge schlagen darauf in "All My Life" zartere Saiten an. Einen Wimpernschlag lang, ehe einem El-P neue hypnotische Tentakel ins Hirn schraubt und jeden Gedanken zurück in die Schwärze zerrt.
"Style: violent. Give a fuck if you deny it, kids", liefern auch die Raps keinen Krümel Nährboden für Zimperlichkeiten. "The passion of Pac, the depth of Nas, circa nine three / Mix the mind of Brad Jordan and Chuck D and find me / I spit with the diction of Malcolm or say a Bun B / Prevail through hell, so Satan get thee behind me."
"While other rappers are vaginas for the fame the jewels runners will always stay rude." Beschränkten sich Killer Mike und El-P darauf, die eigene Härte und Größe zu beschwören oder zusammen mit Gangsta Boo in "Love Again" die Fick-Lyrik eines Akinyele hochleben zu lassen: "Run The Jewels 2" böte nur den halben Spaß. Derbe auf die Kacke hauen und dabei noch etwas zu erzählen: Darin steckt der wahre Sprengstoff. In "Early" etwa schildert Killer Mike einen Fall von Polizeigewalt, wie er sich nicht nur in den USA täglich zigfach ereignet: ein bei aller Grobheit berührendes (und beschämendes) Stück Realitäts-Reportage.
Auch wenn die Ordnungsmacht jeden besonnenen Mann brauchen könnte, bin ich doch froh, dass Killer Mike den Rat seines Vaters beherzigte, nicht in dessen Fußstapfen getreten und kein Polizist geworden ist. El-P hat den Rat seiner Mutter dagegen in den Wind geschlagen und nicht ihrem Wunsch gemäß Karriere als Zahnarzt gemacht: ebenfalls gut so. Kaum anzunehmen, dass der Kerl ein ähnlich begnadetes Händchen für Wurzelbehandlungen gezeigt hätte, wie er es wieder und wieder für Hirnfick-Sound an den Tag legt.
14 Kommentare mit 13 Antworten
Der erste Teil war einfach krasser Scheiß!! Der zweite Teil braucht noch ein paar Durchläufe
ich find', die schenken sich gar nichts. beide mächtig.
Schön zu sehen, dass sich unter allen Kritikern hüben wie drüben nur gestritten wird, welche der beiden Platten wohl besser ist. Das spricht für die Qualität.
Der erste Teil brauchte noch ein paar Durchläufe. Der zweite Teil ist einfach krasser Scheiß!!
Der krasse Scheiss braucht noch mehr Teile!
keine einwände.
Definitiv! Bitte mehr krassen Scheiß abliefern!!!
she got that dick in her mouth all day
Boah die beiden LP's sind so geil. Laufen seit 2 Wochen auf Dauerrotation. Sehr angenehm, dass man die umsonst runterladen darf
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.