laut.de-Kritik
Das Multitalent zündet ein Musikfeuerwerk.
Review von Mara Brugger"I wish I could change the minds that decided that I shouldn't be knighted." – Lehnt sich der Harvard Absolvent und ehemalige Grammy Nominierte hier nicht ein wenig zu weit aus dem Fenster? Scheinbar nicht, denn sein Rap-Debüt positioniert sich allein eine Woche nach Release in acht Ländern an der Spitze der Hip Hop-Charts. Das Multitalent beweist auf "Les Is More" ein weiteres Mal, dass wir lieber nicht versuchen sollten, Ryan Leslie in eine Schublade zu stecken. Viel Rap, ein paar Rockelemente und eine ordentliche Portion R'n'B setzen sich in den Ohrmuscheln fest.
Zugegeben, Les hat es die letzten Wochen und Monate ziemlich spannend gemacht: Mehrmals wurde die Veröffentlichung verschoben, durch Musikforen wanderte wiederholtes kollektives Seufzen. "Ich mache keine Musik, ich produziere Kunst und die braucht eben Zeit", verteidigt er sich. Seine Fans ließ er jedoch nicht auf dem Trockenen sitzen und veröffentlichte regelmäßig selbstproduzierte Videos zu seinen Albumtracks.
Apropos selbstproduziert, "Les Is More" stammt einzig und allein aus Ryans Feder, und was der 34-Jährige dabei auf die Beine gestellt hat, lässt einen schon beim Opener "Glory" staunen. Dass er eine starke Band im Rücken hat, ist kein Geheimnis. Das Musikfeuerwerk, das hier gezündet wird, übertrifft ihre bisherige Leistung jedoch um Längen. Gitarrenriffs, das dominierende Drumset und als Höhepunkt der eindrucksvolle Chorgesang, alles selbst arrangiert natürlich. Gleichzeitig stellt der Track sein autobiografisches Geständnis dar: "What a shame! He's so underrated, he should have sold more." Bestsellerlisten zu knacken sollte nach diesem Rap-Debüt das kleinste Problem sein.
Die erste Singleauskopplung "Beautiful Lie" besticht hingegen wieder mit den Synthie-Beats, die wir von Leslies früheren Alben kennen. Und ja, auch er lässt den "Ich habe viele Frauen, Fame und lebe das Rockstar-Leben"-Track nicht aus. Den braucht wahrscheinlich jeder Rapper, um seinen Status zu rechtfertigen. Allerdings ist er einer der wenigen, die diesen Lifestyle letztendlich als "wunderschöne Lüge" enthüllen. Einen Remix mit allseits bekannter Unterstützung packt er noch obendrauf: Fabolous gibt eben überall seinen Senf dazu.
Bei "5 Minute Freshen Up", "Dress To Undress You" und "Maybachs And Diamonds" darf man die Augen schließen, sich an einen weißen Sandstrand träumen und die ruhigeren Tracks des Albums genießen. Schöne Klavierklänge und angenehme Percussions setzen sich im Ohr fest und hier steht wieder der heimliche Anführer des R'n'Bs im Vordergrund. Anfangs stellt er 5 Minuten lang klar, dass eigentlich keiner geiler ist als er selbst, denn wer ist schon "overpaid at the same time as underrated"? Wie das geht, erklärt Leslie uns netterweise währenddessen. Auch, dass man seine Frauen eigentlich nur mit Edeldesigner-Marken einkleidet, um ihr diese danach schnellstmöglich wieder vom Körper zu reißen. Letztendlich kommt er dann aber zum Entschluss, dass Liebe wichtiger ist als "Maybachs und Diamanten".
Nach "Glory" bietet "Swiss Francs" ein weiteres Highlight: Eine Hommage an unsere Nachbarn in der Schweiz, denn "before I die I want my money in a Swiss bank." Klar, hier ist der Dollar natürlich um einiges mehr wert. Musikalisch ist hier alles vertreten: ein großes Blasorchester, von Ryan selbst dirigiert, wie er im dazugehörigen Video stolz zeigt, der Rap in den Strophen und später ein Vamp im altbekannten Autotune. Mit "Joan Of Arc" setzt er den letzten Pinselstrich in seinem Kunstwerk und schließt den Kreis mit einem reinen Lovesong ohne Fame und Reichtum und präsentiert uns die weniger schönen Seiten der Liebe.
Ryan Leslie ist vielleicht nicht der beste Rapper im Hip Hop-Business, und auch die Themenvielfalt lässt ein wenig zu wünschen übrig, doch dank cleverer Lyrics und ausgeklügelten Beats lässt sich darüber schnell hinwegsehen. Die New York Times bezeichnet ihn als "Wunder des Multitaskings" und nach "Les Is More" wird definitiv klar, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist.
1 Kommentar
tolles album. besonders zu empfehlen sind glory, beautiful lie, swiss francs und ups and downs