laut.de-Kritik

Nicht jeder kann's wie Metallica ...

Review von

Wir erinnern uns: Anno 2000 fand in Hannover ein netter kleiner Event statt, den man damals Expo nannte und der das deutsche "Organisationstalent" derart peinlich offenbarte, dass seine Erwähnung im Ausland heute noch einen erstklassigen Running Gag abgeben dürfte. Die offizielle Hymne zum Debakel durften die bekanntesten hannoveranischen Musiker trällern - die Scorpions.

"Moment Of Glory" hieß das gute Stück, und die vier Altrocker schienen von dieser Ehrung so gerührt zu sein, dass sie auch ihr gesamtes Großprojekt so betitelten. Ganz im Stil von Metallica meinten sie, Klassik und Rock in Einklang bringen zu müssen. Doch wo Hetfield und Ulrich beachtlich klotzten, kann man Meine und Schenker lediglich bescheidenes Kleckern attestieren.

Zwar gelingt der Auftakt mit "Hurricane" recht gut, danach rast das Niveau der Platte allerdings mit durchgedrücktem Gaspedal in Richtung schwarzes Loch. Um ihr fortgeschrittenes Alter und den damit verbundenen Qualitätsverlust medienwirksam zu überspielen, greifen die Rocker zu anderen Mitteln: Da singt ein Chor das fugenhafte Intro zu "We Don't Own The World" so überragend, dass er nicht mal für wert befunden wurde, im Cover als featured Artist aufzutauchen.

Zu "Moment Of Glory" bittet man einen wild zusammen gewürfelten Haufen Gören auf die Bühne, die sich so herrlich ungezwungen zum rockigen Rhythmus der Rocksaurier bewegen, als litten sie unter Rheuma und/oder Kinderlähmung. Leider scheinen die verantwortlichen Publicityexperten völlig übersehen zu haben, dass die Musik der Scorpions auf die Kiddies von heute ungefähr so wirkt wie ein französischer Schwarz-Weiß-Film: Veraltet, ausrangiert, überfällig für die Pensionierung. Und leider nicht schlecht genug, um ein Revival zu erleben. Nach dem Genuss des Songs kommt der leise Verdacht auf, die Scorpions hätten zum Expodesaster einen nicht unbedeutenden Teil beigetragen. Und damit diese Vermutung ja auch den Hörern in den hinteren Reihen aufgedrängt wird, findet sich der Track nicht nur ein-, sondern gleich zweimal im Programm. Gnade!

Auch die Gäste Lyn Liechty, die mit einem wirklich leckeren Outfit wenigstens dem Auge etwas Gutes tut, und Ray Wilson, der seine Stimme zuletzt immerhin keinen geringeren als Genesis zur Verfügung stellen durfte, können nicht über die offensichtliche Unfähigkeit Klaus Meines hinwegtäuschen, den Takt zu halten. Zu Gute halten kann man ihm höchstens, dass er den gepfiffenen Part von "Wind Of Change" nicht völlig versaut, sondern nur in einem Grad, in dem man die Misstöne gerade noch so heraushören kann. Immerhin, "Still Loving You" klingt exakt so langweilig wie eh und je.

Um den gigantischen internationalen Erfolg der Scorpions noch einmal zu verdeutlichen, ist die gesamte DVD in Englisch gehalten. Deshalb erreicht "Moment Of Glory" spätestens mit einem Interview über die Zusammenarbeit mit dem Orchester seinen 'Höhepunkt'. Die Versuche des Sängers Meine, sich in dieser Sprache verständlich zu artikulieren, wirken wie die eines unterdurchschnittlich begabten Siebtklässlers und ringen einem doch noch ein Schmunzeln ab.

Hiermit verspreche ich meiner Mutter feierlich, nie wieder ihr 'th' zu kritisieren. Sie versucht wenigstens nicht, in rentenfähigem Alter die Crowd zu rocken.

Trackliste

  1. 1. Hurricane 2000
  2. 2. Moment Of Glory
  3. 3. You And I
  4. 4. We Don't Own The World
  5. 5. Here In My Heart
  6. 6. We'll Burn The Sky
  7. 7. Big City Nights
  8. 8. Deadly Sting Suite (Instrumental)
  9. 9. Wind Of Change
  10. 10. Still Loving You
  11. 11. Moment Of Glory

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