laut.de-Kritik
Umfangreiche Retrospektive auf vier CDs.
Review von Giuliano BenassiEs gibt einen englischen Begriff, der für Steve Winwood wie gegossen scheint: A Musician's Musician. Zwar hatte der Multi-Instrumentalist mit der hohen Stimme auch unter eigenem Namen den einen oder anderen Hit, in der breiten Öffentlichkeit ist er aber, wenn überhaupt, eher als Kumpel von Eric Clapton bekannt. Unter Kollegen genießt er dagegen höchstes Ansehen. Die Zahl seiner Zusammenarbeiten wächst ins Unermessliche.
Die vier CDs in dieser Best Of beschränken sich auf die bekanntesten Etappen seines Schaffens. Noch als Teenie spielte er Orgel und sang in der Rhythm And Blues/Soul-Kombo The Spencer Davis Group. Welch ein formidabler Musiker in Winwood steckte, zeigt stellvertretend "Gimme Some Lovin'": 1966 erschienen, 1980 von den Blues Brothers gecovert und heute noch mitreißend.
Mit Jim Capaldi gründete er 1967 die Gruppe, die Jahrzehnte lang sein Schaffen weitgehend bestimmen würde: Traffic. Winwood wollte sich musikalisch nicht festnageln lassen und dem Drei-Minuten-Radioschema entfliehen.
Was ihm zunächst nicht wirklich gelang. Zwar hatten Traffic mit "Paper Sun" und dem hier erstaunlicherweise nicht vertretenen "Hole In My Shoes" zwei Hits, doch Gitarrist und Co-Sänger Dave Mason wollte eher eine folkigeRichtung einschlagen, was schließlich zur ersten Auflösung führte.
So ergab sich die Gelegenheit, eine Band mit Clapton zu gründen, der auch Cream-Bassist Ginger Baker angehörte. Von Blind Faith ist heute vor allem das Cover des einzigen Albums in Erinnerung, das ein pubertierendes, barbusiges Mädchen zeigt. Dass diese Supergroup auch musikalisch etwas zu bieten hatte, zeigen das groovige "Well All Right" und die Ballade "Can't Find My Way Home".
Als nach nur einem Album mit Blind Faith Schluss war, begann die zweite Phase von Traffic, diesmal fest in den Händen Winwoods. CD 2 dokumentiert ihre große Spielfreude, die sich teilweise in gemäßigte Progressive-Regionen wagt. Zu Beginn der 70er Jahre durchaus erfolgreich, hat an den Stücken leider der Zahn der Zeit genagt.
Doch eines sind die Arrangements, etwas anderes die Tracks an sich. Unter eigenem Namen spielte Winwood in den 80er Jahren zwei Riesenhits ein: Das an die Spitze der Charts gelangte "Higher Love" und "Valerie", das in Eric Prydz' Remix "Call On Me" 20 Jahre später noch einmal zur Nummer 1 wurde.
Die vierte CD enthält noch mal Stücke aus allen Schaffensphasen bis auf Blind Faith. Das ist darauf zurück zu führen, dass sich Winwood selbst um Songauswahl und Reihenfolge bemühte. Zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber auch nicht zu bemängeln.
Ein Lob verdient auch die Verpackung, die die CDs dauerhaft in ihrer Parkposition hält, ohne gleich nach dem ersten Herausnehmen den Geist aufzugeben. Ein reich bebildertes, umfangreiches Booklet rundet das Paket ab, das durchaus hörenswerte Zeugnis eines Künstlers, der seit bald 50 Jahre erfolgreich im Musikbusiness aktiv ist.
1 Kommentar
Mann der Baker war aber ein Drummer! Zudem fehlt der Vergleich mit der Box THE FINER THINGS. Mir unerklärlich, wie man nochmals eine Box mit derart ähnlichem Inhalt rausbringen musste. Oder doch: er war ja mit Clapton auf Tour und jetzt kennen ihn schon ein paar mehr seit 50 Jahren ...