laut.de-Kritik
In diesem Wald trifft Emo auf Postrock und Prog.
Review von Mathias MöllerAlles fängt ganz leise, ja fast scheu und zurückhaltend an. Die Gitarre, sanft verstärkt und ohne Effekt tritt auf die tonale Bühne wie ein Reh auf die Lichtung im dunklen Wald. Doch schon bald rauscht es in den Blättern der hohen Bäume, die sich drohend im Wind wiegen, und dann stürzt die Idylle zusammen. Schwer türmt sich "Ceremony" auf, langsam, aber mächtig baut sich der Opener von "Peregrine" auf, The Appleseed Cast sind zurück und walzen in epischen Dimensionen aus den Boxen.
Die Drums rollen dabei so innovativ, wie es nur Progrockdrummer vermögen, der Bass bildet ein felsenfestes Fundament, auf dem sich die Gitarre von Aaron Pillar austoben kann. Doch die spinnt feine Melodien, Pillar fällt es gar nicht ein, die Standfestigkeit des Fundaments zu testen. Die Musik wiegt schwer, stellt aber keine Last dar. Leicht und gewichtig gleichzeitig. Emo meets Postrock meets Prog. Welcome to the world of The Appleseed Cast.
Während "Ceremony" noch ohne Gesang auskommt, ertönt auf "Woodland Hunter (Part I)" Christopher Criscis Stimme, allerdings weit entfernt, wie durch eine schlechte Telefonverbindung. Und auch die Musik klingt, als würde sie in einem anderen Raum laufen. The Appleseed Cast sind in Experimentierlaune, besonders Pillars Gitarre zerrt und windet sich jetzt, als wären die beiden einander spinnefeind und nicht Musiker und Instrument. Das ganze wird untermalt von harten elektronischen Sounds, die das Stück scheinbar zerschneiden wollen.
"Here We Are (Family In The Hallways)" bietet erstmals eine gewisse Gradlinigkeit, das gibt Halt, das klingt gut in den Ohren, auch wenn die Drums immer noch wahnsinnig verspielt sind und der Song mitunter in einer Crash- und Ride-Flut unterzugehen scheint. Doch gerade diese Mischung aus straightem Alternative Rock und ausgeprägtem Spieltrieb macht "Peregrine" interessant. Man weiß nie, was beim nächsten Song auf einen wartet. Gerade wenn man denkt, "Silas' Knife" wäre die harmlose Halbakustiknummer, bricht eine laute Bridge aus dem Song aus.
Zwischendurch wird die dominante Gitarre von Synthiesounds abgelöst, die von percussiven Drummustern unterspült werden. Dann beginnt es auf einmal zu scheppern und zu krachen, aber alles passt, alles bleibt im Rhythmus und alles scheint genauso zu gehören, wie es ist. Das ist definitiv Progrock. Und auch wenn es sich bei "Peregrine" sicherlich nicht um ein Konzeptalbum handelt, stimmt auch die Dramaturgie der Platte. Mit "Sunlit And Ascending" wird ein erster Höhepunkt erreicht, und so langsam beginnt man, sich in der Musik zu verlieren.
Den Rest des Albums versinkt der Hörer dann in Gitarrenmeeren, hier und da trifft man auf ein Bassriff oder einen Schlagzeugfelsen. Eine gewisse Affinität für Progelemente muss man bei The Appleseed Cast schon mitbringen, denn hier sind Freaks am Werk, deren Musik sicher nichts für jedes Ohr ist. Aber wenn man sich auf die "We are taking you on a trip"-Philosophie einlässt, kann man mit "Peregrine" eine unterhaltsame Stunde verbringen, die irgendwie viel schneller zu vergehen scheint.
3 Kommentare
großartige musiker und super album!! =)
Obergenial Band, super emotionaler Gesang und Gitarrenharmonien.
Ach Dreck... die wollte ich mir doch schon seit Ewigkeiten mal zu Gemüte führen