laut.de-Kritik
Psychedelic Rock voller Kreativität vom Altmeister.
Review von Dominik KrausDer Earl of Walthamstow wird langsam aber sicher doch älter - und gemächlicher. Hatte Nick Saloman aka Bevis Frond zwischen 1987, als er uns mit dem grandiosen "Miasma" erstmals verzückte, und 2000 ("Valedictory Songs") einen Output, der geradezu atemberaubend war, so kommen die Doppelalben mittlerweile eher im Vierjahres-Rhythmus daher. Angesichts von rund 450 bis dato veröffentlichter Songs ist das auch absolut nachvollziehbar.
Sein enormes Gesamtwerk muss meiner Meinung nach den Vergleich mit Größen wie Jagger/Richards oder Lennon/McCartney weder quantitativ noch qualitativ scheuen. Wie viel Kreativität und Songideen in dem freundlichen End-Sechziger (geboren 1953) stecken, beweist er mit seinem neuesten Longplayer "Little Eden". Wie eigentlich immer, wenn sich Nick Saloman ans Werk macht, ist die Bandbreite der verschiedenen Songs wieder einmal sehr breit und höchst erstaunlich. Der Opener "Everyone Rise" ist der Bevis Frond-typische, jubilierende Psychedelic-Pop-Rock-Song, der irgendwie an die Byrds erinnert. Das nachfolgende "And Away We Go" wiederum hält die Tradition der Midtempo-Psychedelic-Blues-Nummern hoch, wie wir sie ebenfalls seit den Anfängen der Frond kennen und lieben.
Und so werden nach und nach die wohlbekannten Register gezogen, die Songs oszillieren zwischen akustischen Folk-Balladen ("They Will Return"), psychedelischen Pop-Ohrwürmern ("Hold Your Horses"), Psych-Rock-Groovern ("Brain Fatigue"), melancholischen Balladen ("As I Lay Down To Die") und dem obligatorischen, abschließenden 10-Minuten-Opus Magnum mit ausufernden Gitarrensoli ("Dreams Of Flying"). Wobei in allen Songs immer verschiedene Ansätze und Genres herrlich einzigartig kombiniert und emuliert werden.
Zusammen mit der unverwechselbaren Stimme und dem speziellen Gitarrenspiel Salomans ergibt dies wieder einmal ein typisches Bevis Frond-Album, das es in Songqualität und Arrangementideen locker mit den Vorgängern aufnehmen kann. Durchweg grundsolide mit einigen brillanten Höhepunkten, wie beispielsweise auch dem Titelsong, ist "Little Eden" für den Afficionado ein Muss, für den Einsteiger wiederum eine sehr gute Gelegenheit, sich dem weiten Bevis Frond-Universum zu nähern und sich, womöglich, ein kleines bisschen zu verlieben.
5 Kommentare mit 6 Antworten
Was is' los, Gleep?
Wie meinen?
Dachte, Du warst so auf die Rezi gespannt!
Ja, und ich finde das auch schön, dass hier dann noch eine gekommen ist und mir ein bisschen Orientierungshilfe beim weiteren Einstieg in die extensive Diskografie der Band bietet. Hast aber natürlich recht, das kann man dann natürlich auch einmal zum Ausdruck bringen.
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Danke, liebes laut.de für die Rezi.
Schön! Werde mir die auch zulegen. Bisher waren nie so viele Songs auf LPs, die bei mir direkt gezündet haben. Zum Löschen wars dann aber immer zu gut. Nehme das hier jetzt auch mals als Anlaß, eine Bevis-Frond-Expedition zu starten!
Ja, kenne bisher eigentlich nur wirklich die "We're Your Friends, Man" weil ich auf die sehr positive Rezi hier gestoßen bin, aber die gefällt mir wirklich sehr gut. Kann mir vorstellen, dass die wirklichen Kronjuwelen der Diskografie noch andere sind als gerade das neueste Album, aber reinhören werde ich hier ob der Rezi definitiv auch und wer da noch etwas vertrauter mit der Diskografie ist, möge seine Anspieltipps bitte gerne hier mitteilen!
Eher so der fleißige Notizenanfertiger in diesem Moment, aber sollte ich dennoch früher auf Gold stoßen als ihr, dann erfahrt ihr es natürlich als Erste und hier.
So, Scheibe ist jetzt ein paar Mal rotiert und die 4/5 kann man gut geben, auch wenn man da mMn sicher 2, 3 von den 20 Songs hätte aussparen können.
Auf dem Papier könnte man das Ganze für eine ziemlich dadrockige Angelegenheit halten, aber es funktioniert halt einfach. Songwriting und Melodien sitzen und die Mucke klingt trotz des Alters der Protagonisten frisch, dynamisch, hat ne große emotionale Bandbreite und nimmt einen gut mit. Macht Laune das Ganze.
Nicht wirklich eine Vier, aber viel zu gut für Drei. 4/5