laut.de-Kritik
Wie ein lauwarmes Dosenbier.
Review von Elias RaatzThe BossHoss stehen seit über 15 Jahren für ihren eigenen Mix aus Country-Rock, Südstaaten-Flair und Coverparty-Atmo. Mal funktionierte das als Trash mit Augenzwinkern, mal als Festival-Mitgröl-Mucke für durstige Mittdreißiger. Mit "Back To The Boots" will die Band offenbar an alte Zeiten anknüpfen, doch herausgekommen ist gelangweilter Schablonenrock ohne Inspiration.
Das Grundproblem liegt auf der Hand: Fast jeder Song klingt gleich – lustlos performt, bescheidenes Gesangstalent, wenig Variation. Alles wabert im selben, mittlerweile angestaubten Blues-Country-Rock-Korsett. Die beiden Frontmänner Alec und Sascha singen teils so angestrengt gepresst, dass es anstrengend wird, die Texte zu verstehen – was mit Blick auf den meist bedeutungslosen Inhalt jedoch verschmerzbar erscheint.
Der Titeltrack "Back To The Boots" ist Sinnbild für das ganze Album: nichts Neues, ohne catchy Vibe, keine im Kopf verweilende Zeile. Langsamere Songs wie "Showdown" wirken beinahe einschläfernd langweilig. Andere Tracks wie "German Angst" fahren Zweckreime auf: "This is what we need, defeat, and beat: the German Angst / Oh yes we can succeed, indeed, and heal: the German Angst."
"On The Road Again" treibt immerhin nach vorne, auch "Win Win" schläfert nicht komplett ein. So viel zu den Lichtblicken des Albums. Bei "Grill Em All" wähnt man sich eher zurück in der zehnten Klasse, als der untalentierte Mitschüler am Schullandheim-Lagerfeuer mit viel zu viel Selbstvertrauen zur Gitarre griff: Fremdscham pur.
Wirklich peinlich wird es bei der im Albumkontext beinahe deplatziert wirkenden Ballade "What The World Needs Now Is Love" mit Dionne Warwick. Dabei singt Warwick durchaus souverän, keine Frage, heißt das Gegenüber aber BossHoss, prallen Welten aufeinander. Außerdem tropft trotz oder gerade wegen des nichtssagenden Inhalts übermäßig viel Kitsch aus jeder Zeile, zu dem sich dann die hörbar gesanglichen Limits der Band gesellen.
Wer bis hierhin durchgehalten hat, wird noch mit einem miserablen Country-Cover von "Ring Of Fire" bestraft, das selbst die Hermes House Band nicht mehr angefasst hätte. Die musikalische Lichtblicke auf der 17 neue Tracks umfassenden Platte erlöschen meist schneller als eine Sternschnuppe: Ja, "Too Much" groovt zur Songmitte instrumental ordentlich, zumindest bis der Gesang wieder einsetzt.
Bei "I'll Be Back" tritt mit stolzen dreieinhalb Wörtern noch Arnold Schwarzenegger auf. Zumindest spricht er seinen ikonischen Terminator-Spruch mittlerweile mit weniger nervigem deutschen Akzent als noch 1984. Dieses Feature ist (unfreiwillig) witziger als alles, was die Band in den vergangenen zehn Jahren auf Platte gebracht hat – und das sagt eigentlich schon alles. Überhaupt wirkt "Back To The Boots" wie ein schlechter Scherz, der zudem viel zu lange dauert.
The BossHoss stolpern in ihrem neuen Album durch belanglose Songs, die schon im Moment des Hörens wieder vergessen sind und dabei klingen, als hätte sich die Band schon vor vielen Jahren aufgegeben. Vergleichbar ist "Back To The Boots" am ehesten mit einem lauwarmen Dosenbier – man weiß schon, was einen erwartet: ein schaler Inhalt.
6 Kommentare mit 4 Antworten
Das war schon immer Musik für Menschen, die keine Musik mögen.
In einer besseren Welt, in einem besseren Deutschland dürfte so etwas gar keinen Erfolg haben, nicht mal einen Hauch. Deren Plattenfirma hätte nie deren Plattenfirma werden dürfen. Man hätte ihnen nicht einmal die Tür weisen, sondern gar nicht erst dich jene Einlass gewähren dürfen. Mitte der 00er Jahre hat sich Prinz Pi mal über BroSis echauffiert. Die gleiche Diagnose gilt zwar mittlerweile für ihn selbst, aber eigentlich galt mein Ärger Bosshoss. George Bernard Shaw werden die Worte nachgesagt (geprüft habe ich sie freilich nicht), dass Demokratie als Verfahren gewährleiste, dass wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienten. Die Massen haben die Möglichkeit (zumal technisch heute), aus einem unübersichtlichen Pool an Musik auch die Perlen zu finden, eher die Nadeln im Heuhaufen, aber dennoch ist ein Duo wie Bosshoss erfolgreich.
"Society" von Eddie Vedder hörend, lese ich deinen Beitrag und habe tatsächlich eine kleine Träne im Auge. Ich wünsche uns beiden ein schönes Wochenende.
Was meint ihr? Wenn ich (M49, Vertrieb) mir Cowboystiefel anziehe und einen Hut aufsetze und am Montag im Meeting the Boss Hoss spiele, wird Sabrina (F25) aus der Buchhaltung dann wohl endlich meine EInladung zum Eis essen annehmen?
Gute Frage. Ein Kumpel und ich wurden mal beim nächtlichen Bierkauf an einer Tankstelle von einem Paar Anfang 20 für The Bosshoss gehalten. Das ist uns bis heute peinlich.
"The Bosshorsts"
Musik bei der sich Dieter aus Dinkelscherben endlich wie ein rebellischer Redneck fühlen kann.
gravedancer ist ein relativ cooles country projekt. der dude ist wohl linksextrem aber so auf eine coole, wir kulten luigi mangione ab-weise linksextrem. sein luigi lied heißt remember, remember aber das finde ich auf youtube nicht.
besonders hörenswerte gravedancer lieder sind:
sulfur and nicotine
https://www.youtube.com/watch?v=r82CylyueGM
azalea
https://www.youtube.com/watch?v=kwC8yWP8JUg
aber eigentlich mag ich alles von ihm.
dann natürlich angry johnny mit und ohne killbillies. mein lieblings country musiker von allen lebenden. und bei den toten neben gg allin und johnny cash. ob angry johnny auch linksextrem ist, weiß ich nicht, aber er ist zumindest links und hat auch schon (hardcore)punk gemacht. von angry johnny ist eigentlich auch alles geil.
https://www.youtube.com/watch?v=rDQQF21Uwq…
https://www.youtube.com/watch?v=F5fVZDt1gW…
https://www.youtube.com/watch?v=Am8dlS_51i…
https://www.youtube.com/watch?v=koGSGO-39L…
dann gibts noch mike west
mothman
https://www.youtube.com/watch?v=XQAxleAGpd…
wie der politisch aufgestellt ist, weiß ich nicht
Die politische Einstellung ist ja in Sachen Country das A&O.
Ohne geht gar nicht. Ähnlich wie bei der volkstümlichen Musik. (wobei bis heute nicht zweifelsfrei bewiesen ist, dass das überhaupt Musik ist)
Es ist immer wieder ein Erlebnis wenn BossHoss ein neues Album rausbringen. Keins ist wie das andere und trotzdem bleiben sie sich ihrer DNA treu und überraschen mich schon seit 20 Jahren jedesmal aufs neue wie vielfältig ihre Musik ist.
Beim ersten durchhören des Albums war ich eher weniger angetan, aber je öfter die Songs laufen umso mehr gefallen sie mir. Ich bekomme gar nicht mehr genug von dem Album. Ich glaube das wird noch die nächsten Tage rauf- und runterlaufen. Für mich eins der besten Alben von The Bosshoss