laut.de-Kritik
Das einzig Gute sind die Titel der Stücke.
Review von Giuliano BenassiSeine fünfzehn Minuten Ruhm erlangte das Brian Jonestown Massacre weniger mit Musik als mit einem Film, der 2004 den Preis der Jury beim Sundance-Festival gewann. Die Dokumentation "Dig!" folgte dem Werdegang der Band, zu dem Kreativität, Drogen, Schlägereien auf der Bühne und das unberechenbare Verhalten von Chef (und einzigem festen Mitglied) Anton Newcombe gehörten.
Ein Lebensstil, der jenseits der 30 kaum zu halten ist, weshalb die Abstände zwischen den Veröffentlichungen immer größer werden. Brachten BJM 1996 vier Alben heraus, waren es zwischen 2003 und 2008 nur noch drei. Nicht, dass sich die Qualität dadurch gebessert hätte: Die Aufnahmen, stets mit Session-Charakter, lebten im Wesentlichen vom Zustand Newcombes.
Um den es wohl nicht allzu gut steht, angesichts des Openers: Ungestimmte Akustikgitarren, ein Dröhnen im Hintergrund, ein total dumpfer und breiiger Sound, dazu kaum verständlicher Gesang. Das einzig Gute an dem Stück ist der Titel, "Bring mir Paul McCartneys Kopf auf Heather Mills Holzbein (Bombenabwurf aufs Weiße Haus)". Politisch unkorrekter geht es wohl kaum.
Eine Erkenntnis, die sich als einziger roter Faden durchs Album zieht: Die Titel sind zum Teil ganz lustig, die Musik dazu leider nicht. Zu Beginn von "Infinite Wisdom Tooth" stimmt Newcombe erst einmal seine Gitarre. Schließlich legen die weiteren Instrumente los, so schepp und unzusammenhängend, dass es eine unerfahrene Schülerband besser hinbekommen hätte.
Das Instrumental "Who Fuckin Pissed in My Well?" und das Klaviergeklimper "We Are The Niggers Of The World" bieten eine kurze Erholung, bevor die akustische Quälerei weitergeht. Spätestens bei "Just Like Kicking Jesus" hat man keinen Bock mehr. Das Stück klingt ungefähr so: Velvet Underground viel zu laut in einem Keller, Rückkoppelungen en Masse, Lou Reed auf einer Tankladung Drogen, all das aufgezeichnet mit einem billigen Kassettenrecorder, der vor der Bassbox steht.
Das in Reykjavik aufgenommene "Ljosmyndir" driftet mit Orgel und gesampleten isländischen Stimmen in mystische Regionen ab. Nur beim letzten Track passen Titel und Inhalt endlich einmal zusammen: "Black Hole Symphony" besteht aus einem monotonen, dumpfen Dröhnen, das sieben Minuten lang immer lauter wird, bevor es in den letzten drei wieder abflaut.
Nach dem genialen "And This Is Our Music" (2003) ist "My Bloody Underground" fünf Jahre später eine Riesenenttäuschung. Von Kreativität keine Spur mehr, eher von Ziellosigkeit und Überheblichkeit, denn ein solches Album auf den Markt zu werfen ist eine Frechheit. Den zweiten Punkt hat sich Newcombe einzig und allein für den McCartney/Mills-Diss verdient.
1 Kommentar
Hat schon seine hellen Momente das Album. Seine akustische Qualität hätte man anderswo als Meisterstück des Lo-Fi gefeiert, obwohl es 'dort' meist nicht mehr als ein abgedroschener PR-Catcher fungiert, während es hier dem krankhaft rebellisch-egozentrischen Geist eines Musikers geschuldet ist: "I am the record company!"
Sehe jedenfalls diesbezüglich keine großen Unterschiede zum mannigfaltigen Werk des frühen BJM, das sie letztlich für Lau auf ihrer Website zum Download angeboten haben. Warum, ob und inwieweit Anton jetzt mit seiner Musik noch gutes Geld verdienen will, kann er nur selbst beantworten. Gleiches gilt für seine Gedanken hinter diesem Album, das an deutschen Unis der frühen Siebziger nicht schlecht gegangen wäre.
"The fuckers, the bean-counters, the lawyers, all of these assholes at every label. Those are people that wreck the music business. Not Napster, not some college kid downloading shit. The people without vision."