laut.de-Kritik
Nach dem Bier ist vor dem Bier.
Review von Michael Schuh"I don't play no blues / I don't play no blues / I play Rock'n'Roll / Get it!" heißt es in einem Song der Jon Spencer Blues Explosion. Die guten alten 90er Jahre. Damals musste man dem Pöbel mitunter sogar noch den eigenen Bandnamen erklären.
Mit diesem Problem muss sich die Experimental Tropic Blues Band aus Belgien nicht mehr herum schlagen, die allerdings auch schon seit 1999 die Club-Ochsentour fährt. Mitunter sogar in den USA, wo vielleicht allein schon wegen des Bandnamens auch besagter Herr Spencer hellhörig wurde, sich pünktlich im Club einfand und mochte, was er hörte und sah. Nach zwei High Voltage-Rock'n'Roll-Alben durfte das Trio aus Lüttich Rock City nun für die Aufnahmen zu "Liquid Love" ins New Yorker Studio von Spencers Heavy Trash-Spezl Matt Verta Ray, Spencer selbst diente sich als Produzent, Mischer und väterlicher Motivator an.
Die Ähnlichkeiten zu dessen musikalischer Vergangenheit sind gleich beim konsumkritischen Opener "The Best Burger" frappierend: Ungezügelt, übersteuert und wie eine Horde sexuell erregter Büffel trampeln Boogie Snake, Dirty Coq und Devil D'Inferno über den Hörer hinweg und hinterlassen unbewohnbares Brachland, das gleich im Anschluss im lässigen Country-Trab durchschritten wird ("Keep This Love"). Ein Schelm, wem da wiederum Heavy Trash in den Sinn kommen.
Entdeckt man dann noch, dass die Tropic Blueser ebenso wie die Blues Explosion auf eine Bassistenanstellung verzichten und Pro Tools-Perfektionismus zum Kotzen finden, kommt man nicht mehr umhin festzustellen: Hier scheinen sich zwei gefunden zu haben, die füreinander geschaffen sind.
Der eckige Cowbell-Rockgroove mit cooler Falsettstimme in "Worm Wolf" markiert ein weiteres frühes Highlight, bevor man nach verdautem Burger-Schmaus die Vorzüge japanischer Esskultur lobpreist ("T.E.T.B.B. Eat Sushi") und kurzerhand High-Octane-Offbeats ins Soundbild integriert.
Traditionalisten dürften ihre helle Freude an der Platte haben, die auch im weiteren Verlauf vor allem auf Spontaneität und "Nach-dem-Bier-ist-vor-dem-Bier"-Stimmung setzt. Vorausgesetzt, man kommt damit klar, dass jeder Song mit Störgeräuschen und sonstigen Noise-Attacken aufwartet. Nach Aussage der Band bekniete sie Spencer förmlich, ihren Perfektionismus über Bord zu werfen und "magische Fehler" auf Band zu belassen.
Dass man so manche Melodiebögen in leicht abgeänderter Form schon mal bei anderen Bands gehört hat, stört da kaum. Vor allem, wenn Stilbrüche wie der Elektro-Surfrock "Do It To Me" die Vorstellung auflockern. Und ist die Leadgitarrenline am Ende des Höllen-Groovers "Holy Peace Of Wood" eigentlich eine Verbeugung vor dem NIN-Hit "Closer"? Um Tiere gehts da am Rande ja sogar auch ("Sometimes I feel like a cock in a cage").
Wird Zeit, dass man die Vögel aus ihrem Käfig entlässt. Was einen vor der Bühne im Liveclub erwartet, konnten die drei in Interviews nämlich ohne umständliche Erklärungen auf einen Nenner bringen: "Rock'n'Roll"!
4 Kommentare
http://www.cdstarts.de/kritiken/109405-The…
das ist mal ein unterschied...
http://www.cdstarts.de/kritiken/109405-The…
das ist mal ein unterschied...
Habe es angehört, und nun tut mir mein Gehirn weh.
Ich weiß nicht ob mir das gefällt.
Die haben ein Lied zum endgeilen "Ex-Drummer"-Movie (Soundtrack) beigesteuert.