laut.de-Kritik

Verliebt hängt man an diesen Liedern fest.

Review von

Es gibt viele Bands, die nicht in einer Stadt bzw. im selben Land hausen und dennoch mehr Produktives zustande bekommen als irgendwelche Formationen, die täglich schwitzend im Probekeller ausharren. Timesbold sind eine Gruppe aus fünf völlig unterschiedlichen Personen, die viele Kilometer von einander entfernt wohnen. Zu einem Treffen kommt es nur selten, aber dann steckt das Quintett seine ganze Energie und Leidenschaft in die bewegenden Kompositionen.

Ein Kollektiv, oder besser gesagt eine Offenbarung aus Brooklyn, die uns schon seit 2001 mit einer Mischung aus Folk, Country und ganz viel Melancholie verwöhnt. "Ill See Ill Sung" heißt ihr drittes Werk und neben Jason Merritts Stimme sticht einem das Klangspektrum zahlreicher Instrumente mitten ins Ohr. Ein illustres Vergnügen mit Banjo, Theremin, Gitarren, die mit dem Geigenbogen bearbeitet werden, halb ausgetrunkenen Weingläsern und singenden Sägen, die sich auch schon im Vorgänger Album "Eye Eye" 2004 harmonisch miteinander verknüpften.

Über die Höhen und Tiefen des Lebens schreibt fast jeder Künstler, aber nicht viele Interpretationen sind so ergreifend wie diese. Timesbold faszinieren vom Anfang bis zum Ende. Alle Aufnahmen wurden selbst aufgenommen und produziert. Dazu gibt es wie immer ein wunderschönes Booklet mit den Zeichnungen von Tim Dedman. "Old Hannah" leitet "Ill Seen Ill Sung" schwungvoll mit Banjo und energischem Gesang ein. Die Stimme bebt ("Hollow Halo") und so langsam verliert man den Boden unter den Füßen.

Emotionale, rockige Momente steigern die Stimmung in "Any Lethal Storm" oder "When I Come Around". Und immer wieder diese kleinen Stiche ins Herz: I think it's been a long time / since I've had a good time ... ("All Readymade"). Wer Sorgen hat, der trinkt gerne mal einen über den Durst. Da darf dann auch ein offizielles Sauflied nicht fehlen, besonders beschwipst das portugiesische "Cancao Bebendo", in englische Sprache übersetzt.

Sänger Jason Merritt hält hier nach wie vor die Zügel in der Hand. Idyllischer Indie-Folk-Blues, der die Seele baumeln lässt. Man verspürt das Bedürfnis, ihn einfach mal in die Arme zu nehmen. Die Sonne scheint dem Mann ganz sicher nicht aus dem Arsch, obwohl er mittlerweile weltweites Ansehen genießt. Poetische Texte sprießen aus seinem Munde und die eigenwillige Stimme verstärkt die Leichtigkeit des Seins.

Ein Timesbold-Song nahm schon immer sehr viel Platz ein. Die Harmonie zwischen Gesang und Melodie breitet sich während eines Stücks enorm aus, wirkt dabei aber nicht aufdringlich. Weise Worte eines Mannes, der bereits viele Wege gegangen ist. Verzweifelt hängt man an seinen Lippen, verliebt hält man an seinen Liedern fest.

Trackliste

  1. 1. Old Hannah
  2. 2. Any Lethal Storm
  3. 3. All Readymade
  4. 4. Takeaway
  5. 5. When I Come Around
  6. 6. Hollow Halo
  7. 7. Mama
  8. 8. Cancao Bebendo
  9. 9. Fencepost
  10. 10. Recover Ring
  11. 11. Lame Horse
  12. 12. Be Leaving
  13. 13. Far To Strange

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LAUT.DE-PORTRÄT Timesbold

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