laut.de-Kritik

Gibson für den R'n'R, Roland für Techno.

Review von

Was wäre Chuck Berry ohne seine beiden geliebten Gibson Modelle ES-350T und ES-335? Genauso undenkbar ist, dass Angus Young die Bühne ohne die Gibson SG betritt. Der Kultstatus, den die Gitarren im Rock genießen, wird in der elektronischen Musik Drumcomputern und Synthesizern zugesprochen.

Die bekanntesten Gerätschaften stammen von der japanischen Firma Roland und werden mit den Zahlenkürzeln 202, 303, 505, 606, 707, 808 oder 909 bezeichnet und sind längst Legende. Nur von der Abkürzung 404 hat man bislang noch nichts gehört. Das ändert sich mit "TM404", dem neuesten Album von Andreas Tilliander.

Der Schwede gilt als absoluter Hardware-Nerd, wenn es um die richtigen Tools zum Produzieren geht. Manche, die sich schon mal in seinem Studio in Stockholm umschauen durften, behaupten, er besitze die größte Sammlung analoger Synthesizer in ganz Schweden, das ja bekanntermaßen nicht gerade Arm an House- und Techno-Produzenten ist.

Für sein neuestes Projekt TM404 hätte er diese Riesensammlung gar nicht gebraucht. Reduktion auf das ganz Essentielle lautet hier sein Prinzip. Lediglich fünf der kultigen Roland-Geräte hat er verwendet. Die Titel der Tracks klären auf, welche.

Und was der Schwede aus dem minimalistischen Set-Up herausholt, ist mehr als erstaunlich. Acid lautet die erste Vermutung, wenn man an die typischen Sounds von 303 oder 606 denkt. Damit liegt man auf "TR404" aber nur bedient richtig. Mit verzwirbelt vernebelten Tanzflächenabräumern hat das Album nichts zu tun. Ein ganz dezenter Ausbruch in die klischeebehafteten Sounds der Rolands beim vierten Stück des Longplayers bleibt alles. Alle übrigen Stücke klingen vielmehr so, als ob die Berliner Dub-Techno-Pioniere Basic Channel neue Tracks produzieren würden.

Dumpfe Beats eröffnen den ersten Track, garniert mit einigen wenigen rhythmischen Sounds, die Tilliander mit viel Hall belegt. Die dunkel meditative Stimmung macht schnell klar, dass es sich bei "TM404" um ein Listening-Album par excellence handelt, das man am besten im abgedunkelten Wohnzimmer bei Kerzenlicht genießt. Daran ändert sich auch in der Folge kaum etwas, wenn Tilliander seine reduziert angelegten Tracks rhythmisch etwas verdichtet, und sie so ganz behutsam in Richtung Tanzfläche führt.

Doch um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: "TM404" ist vor allen Dingen ein Album für Leute, die sich intensiv mit elektronischer Musik beschäftigen. Sie wissen die schönen Sounds zu schätzen, die Tilliander aus diesen von Produzenten wie Aphex Twin, Moby und Mr. Oizo vielfach eingesetzten Geräten holt. Wem die Tracks alleine nicht genügen, auf Youtube hat Tilliander als Ergänzung zur Platte einige Videos hinterlegt, die ihn während den Aufnahmen zu "TM404" zeigen.

Trackliste

  1. 1. 303/303/303/606
  2. 2. 303/303/303/303/606
  3. 3. 202/303/303/303/606/606
  4. 4. 303/303/303/303/707/808
  5. 5. 202/303/303/303/808
  6. 6. 202/202/303/303/606
  7. 7. 303/303/303/303/808
  8. 8. 303/303/303/303

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