laut.de-Kritik
Ein Album voller Optimismus und Zuversicht.
Review von Sven KabelitzMit jedem Jahr verdüstern sich die Wolken, die über uns hängen. Tokunbo reagiert mit "Golden Days" geradezu trotzig. "Ich wollte das Album schreiben, das die Welt gerade jetzt braucht; ein Album voller Optimismus und Zuversicht. Ein Album wie ein goldener Herbsttag", sagt sie selbst. Obacht, ab nun wird zurück gekuschelt.
Aus der Pandemie entstanden, wohnt dem dritten Album der ehemaligen Tok Tok Tok-Sängerin die romantisierte Vorstellung des Nachhausekommens inne. Eine gehörige Portion muckelige Nostalgie, die völlig außer acht lässt, dass sich die Welt weiter dreht und die Musikbox in der Bar in der man das letzte Mal vor 38 Jahren war, heute sicher nicht mehr Bee Gees "Tragedy" in Dauerschleife spielt.
Zudem schrammt Tokunbo mit ihrer Mischung aus Singer/Songwriter-Pop, Folk, Country und Jazz oft nur knapp am perfekten Soundtrack für eine englische vertraute Liebeskomödie vorbei, deren Humor und Ende wir alle kennen, bevor wir die ersten Minuten überhaupt gesehen haben. Wie an allem an "Golden Days" ist daran nichts schlecht, aber eben auch nichts aufregend.
Es geht sogar so weit, dass jeder einzelne dieser elf Songs für sich genommen eine wohlpolierte Perle darstellt. Ihre warme Stimme und die nahezu schwerelose Musik lässt Tokunbo wie eine versonnene India.Arie-Version auf einem The Carpenters-Trip klingen. Es ist die Zusammenstellung, die auf Dauer fehlende Dynamik des Albums, die letztendlich zu Ermüdungserscheinungen führt und einen besseren Gesamteindruck verhindert.
Der Titeltrack erklärt gleich zu Beginn, wo die Reise hier hingeht. Ein tief in Nostalgie getauchtes Stück, wie das Bild einer einsam im Sonnenuntergang an einem Baum hängenden Reifenschaukel. Eine Steelguitar legt eine Fährte in Richtung der Vereinigten Staaten. Tokunbo fragt sich, wo die goldenen Tage wohl geblieben sind, nur um diese letztendlich im hier und jetzt zu finden: "Right now / Right here / No doubt / Golden days are here.". Ein kurzer Blick aus dem Fenster und in die Nachtrichten: Nope. Doch dieser Gedanke, dieser alles umwerfende Optimismus stellt das Mantra von "Golden Days" dar.
Das nachfolgenden "Home Again" nimmt zwar etwas Fahrt auf, bleibt aber wie der ganze Longplayer im Schaukelstuhlmodus. Dazu gibt es die verklärte Geschichte der unbeschwerten Jugend mit all den Baumhäusern, der Großmutter, dem Lieblingssong und den Stealing Kisses. Bereits danach setzt eine gewisse Eintönigkeit ein, die "Golden Days" trotz seiner fantasievollen Arrangements nie mehr abschütteln kann. Ein wenig Schuld daran hat auch Tokubnos zwar einnehmender, aber auch auf Dauer wenig abwechslungsreicher Vortrag.
"Hey, Island" gibt dem geerdetem, aber schnell eingefahrenen Sound des Albums mit leichten Modernisierungen, einem schleppendem Beat, zaghaftem Synthesizereinsatz und "Hey!"-Samples eine zaghafte Aktualisierung und Frische. Im verspielten "Ray" legen ein Banjo und eine Maultrommel das Fundament. Nur, um zeitweise von einem einnehmenden Refrain und einer verträumten Bridge abgelöst zu werden. Ein etwas verrückter und gerade deswegen so charmanter Track. "Miles Away" nippt kurz an Simon & Garfunkels "Cecilia"-Flasche. Einzig "House Of Cards" versinkt letztendlich knietief im Kitsch.
Ausgerechnet die Stärke von Tokubnos "Golden Days" stellt auf Gesamtdauer die Schwäche dar. Hier steckt in jeder Pore Zuversicht und Schönheit. Aber am Ende bewundern wir zwar das Einhorn, doch ziehen lieber mit dem Esel durch die Straßen.
1 Kommentar
Wunderbares, nicht zu Tode komprimiertes, gute Laune Album.