laut.de-Kritik
Riff-Monster aus den düstersten Winkeln des Partykellers.
Review von Sven KabelitzTom Petty weiß, wo der Barthel den Most holt. Kein unnötiger Firlefanz stört auf "Hypnotic Eye" die wüstentrockene, knisternde Produktion. Vier Jahre nachdem er sich mit "Mojo" einen Ausflug in den Blues gestattete, stehen nun Rock und Roll im Mittelpunkt. Der Sound soll eine Rückbesinnung auf die ersten beiden Longplayer "Tom Petty And The Heartbreakers" und "You're Gonna Get It" darstellen. Mit Ansage und Anlauf zurück in die 1970er.
Der Beginn mit "American Dream Plan B" rockt, bis auf den Refrain, noch etwas zu plump. Zudem erinnern die Strophen arg an Cameos "Word Up". Nicht die einzigen Anleihen auf "Hypnotic Eye": In "Forgotten Man" geht Petty, wohl eher unbewusst, sogar so weit, sich im Chorus beim eigenen "Full Moon Fever"-Stück "A Mind With A Heart Of It's Own" zu bedienen. Aber nach fast vierzig Jahren im Musikbusiness kann man auch einmal über ein solches Selbstzitat hinweg sehen - zumal es gut funktioniert.
Mit "Fault Lines" nimmt "Hypnotic Eye" an Fahrt auf. Ferrones beckenlastiges Schlagzeug und Blairs intensiver Bass bilden das in sich rotierende Gefüge, zu dem Petty mit dieser charismatischen Stimme krächzt, mit der er schon 1976 wie ein vom Leben zerfleddertes 63-jähriges Raubein klang. Ein blendend aufgelegter Mike Campbell unterstreicht seine Bedeutung für den Heartbreakers-Sound. Wo manch ein anderer Gitarrist nur munter vor sich hinknödelt, weist sich jedes seiner Soli als Bereicherung für die Songs aus.
Aus den düstersten Winkeln eines siffigen Partykellers der 1970er lockt der alte Zottelbock Petty die beiden Riff-Monster "All You Can Carry" und "U Get Me High", nicht ohne beiden eine sich mit der Zeit mehr und mehr im Ohr festsetzende Melodie mit auf den Weg zu geben. Lediglich das verträumte "Sins Of My Youth" und das vom Jazz angehauchte "Full Grown Boy" drosseln das Tempo auf "Hypnotic Eye".
Im kantigen Blues-Rock "Power Drunk" zeigt sich das über Jahrzehnte perfektionierte Zusammenspiel zwischen Petty und seinen Herzensbrechern. Die Band bietet mit schleppendem Rhythmus, offenen Akkorden und steinigen Riffs ein abgehangenes Umfeld für den wie eine wütende Kobra zischenden Zynismus ihres Frontmanns. Ein Misanthrop wie er im Buche steht, was das mit klimperndem Honky-Tonk-Piano und galliger Mundharmonika ausgestattete "Burnt Out Town" deutlich zeigt. Mit "Shadow People" gelingt Petty, der sich zu den großen amerikanischen Geschichtenerzählern zählen darf, ein spannungsreicher und würdiger Abschluss seiner dreizehnten Platte.
"Hypnotic Eye" ruft, trotz zweifelhafter Cover-Gestaltung, noch einmal deutlich in Erinnerung, von welch grollendem, polterndem Ort aus Tom Petty & The Heartbreakers einst ihre Karriere starteten. Auf die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zurückschauend, macht die Band, sobald man sich auf den Zeitsprung einlässt, kaum etwas falsch. In weiter Ferne hört man, wie einst in "Into The Great Wide Open", einen A&R-Manager schimpfen: "I don't hear a single!" Egal. Das Album steht als Gesamtwerk im Mittelpunkt. Die Ära der großen Hits liegt eh weit zurück, und nach einigen Jahren des Wandels und der Suche wirkt sich dies mehr als positiv auf Sänger und Band aus.
4 Kommentare
Geilon, kommt gerade recht zur anstehenden Autofahrt nach Schweden. Bei sowas kann man im Grunde nur Tom Petty hören
Und wenns nur annähernd so gut wie 'Mojo' wird, bin ich eh zufrieden. Wer im Herbst seines Lebens nochmal einen Überkracher wie 'Don't Pull Me Over' raushaut, der hat auch noch mehr im Petto. Bin gespannt!
http://www.youtube.com/watch?v=bGObLkCyDno
Ich kann dich beruhigen,wenn dir "Mojo" gefallen hat wirst du auch an diesen Album deine freude haben.Aber wie schon im Review beschrieben ist das Cover eigentlich komplett daneben.
Great tune Liam, but sure no Ueberkracher!
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.