laut.de-Kritik

Hip Hop-Jamsession mit erdig gewachsenen Grooves.

Review von

Wir leben in großartigen Zeiten: Der Funk hat Hochkonjunktur. James Brown ist tot, dürfte aber angesichts dessen, was die alten Recken der Deutschrap-Szene derzeit auffahren, recht vergnügt von seiner Wolke grüßen. Dendemann singt nicht gut, aber er tut's gern, Jan Delay liefert mit "Mercedes-Dance Live" das beste Live-Album, das mir seit Jahren unterkam. Und jetzt das: Toni L. beantwortet die von Torch aufgeworfene Frage "Wo ist AC?" mit einer Session der Extraklasse.

Mit ordentlich Schützenhilfe der Safarisounds folgt Toni L. der Fährte des Funkanimals und geht dabei weit konsequenter zu Werke als sein Hamburger Kollege: Wo Eißfeldt noch auf Pop-Pfaden wandelt, sichert der Funkjoker für sich und seine Crew mühelos Plätze in George Clintons Mothership: Hier hat man nicht nur die alte Schule des Hip Hop sondern auch das Prinzip P-Funk gründlich studiert und verstanden.

Dabei profiliert sich Toni L. beileibe weder als der größte Rapper noch als der gewaltigste Sänger im Land, hat aber trotzdem "alles im Griff wie der Gitarrist". Seine Art zu reimen stammt unüberhörbar aus einer Zeit, in der der DJ vor dem MC auf dem Flyer stand, tönt aber dennoch sicher, niemals gekünstelt, und wer den Paten einmal auf einer Bühne erlebt hat, der weiß ohnehin, wo der Rampensau-Hammer hängt.

Die Herren Safarisound "hängen an den Instrumenten und jammen, bis der letzte umfällt" und verleihen so selbst altvertrauten Tracks einen frischen Anstrich. "Hier Geht Der Funkjoker" beispielsweise: Diese Huldigung an die Größen von Aretha Franklin über Isaac Hayes, Kool & The Gang und die Ohio Players bis hin zu Luther Vandross kommt um Welten schwungvoller daher als die Fassung, die auf Toni L.s letztem Solo-Album zu finden war.

"Schmeiß die Hände hoch, hier kommt der Rettungsring!" "360 SOS" geht mittlerweile in die dritte Runde, und "Dafür Bin Ich Dankbar" dürfte den Fangirls unter uns ebenfalls bekannt anmuten. Bass und Cowbell sorgen hier für staubtrockenen Rhythmus. "Der Zug Rollt Weiter" und bringt den vergessen geglaubten Geist echter Hip Hop-Jams ausgerechnet mit der Gitarre zurück. "Dir Fehlt Das Funkanimal" schließlich bietet einen Aufguss einer alten Advanced Chemistry-Nummer, der seinen eigenen Titel Lügen straft.

Dendemann berichtet von seiner Begegnung mit dem Funkanimal, die "Party 84" steigt bei Torch. "Mein Blut fließt bedächtig wie der Neckar durch das Tal": In schönster Minnesänger-Tradidion legt Toni L. in "HD" dezent instrumentiert seiner Heimatstadt sein Herz zu Füßen: "Ich weiß nicht, ob es jeder fühlt, jeder merkt / Aber ich liebe Heidelberg."

Erdig gewachsene Grooves und Jamsession-Charakter bereiten dem Funkanimal den geeigneten Lebensraum. Mit der Percussion aus "T.O.N.I.L." wäre selbst Fela Kuti einverstanden. Für "Der Apparat" bedient sich Toni L. im Blues, während "Dr. Funkenstein" unverhohlen aus George Clintons P-Funk-Bilderbuch zitiert. "Die Welt wird krank und stirbt / Sobald nicht mehr getanzt wird." So lange Platten wie diese veröffentlicht werden, hat Sir Nose allerdings einen schweren Stand. Dafür bin ich mindestens so dankbar wie für hochgradig kurzweilige 50 Minuten.

Trackliste

  1. 1. Was Ist Das ...?!
  2. 2. Funkanimal Story
  3. 3. 360 SOS Part III
  4. 4. Dafür Bin Ich Dankbar
  5. 5. Der Apparat
  6. 6. T.O.N.I.L.
  7. 7. Der Zug Rollt Weiter
  8. 8. Hier Geht Der Funkjoker
  9. 9. Die Begegnung (Dendemann Interlude)
  10. 10. Session
  11. 11. Dr. Funkenstein
  12. 12. Party 84
  13. 13. HD
  14. 14. Dir Fehlt Das Funkanimal

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12 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    lohnt sich auch auf jeden fall zu kaufen und hört sich auch ganz gut an.
    und wenn mein kleiner burder(9 jahre) schon findet das es gute musik ist dann muss das schon was heißen, ist also für alle altersgruppen was dabei*G*

    auch schön zum nebenher anhören wenn man einfach nur chillen und runterkommen will bzw auch für das andere extrem wenn man party machen will. hat nicht jedes album diese vielfaltigkeit

  • Vor 17 Jahren

    Sehe es so wie fabiusMC, perfekt zum nebenbei hören als auch zum intensiven Hören.

    Macht wirklich Spaß die Platte.

  • Vor 17 Jahren

    der hat in Heidelberg gespielt, auf dem Heidelberger Herbst, praktisch gegenüber seiner Wohnung, auf der Marktplatzbühne, kostenlos...
    mit Safarisounds...

    geniales Konzert war das!!!