laut.de-Kritik
Ein Beziehungsende und die ständige Frage: What the fuck?
Review von Eddy DecembrinoDraußen vor der Tür, im Regen, im Sturm, in den Winden, die viel zu früh das noch sommerliche Laub von den Ästen reißen, lässt es sich viel leichter über das Scheitern nachdenken. Zum Beispiel über das Scheitern einer Langzeitbeziehung mit rudimentär destruktiven Zügen. Möglicherweise war dies ein Antrieb für die 28-jährige Singer/Songwriterin Katie Crutchfield aka Waxahatchee für ihre Arbeit am vierten Studioalbum. Zehn Songs, eine Menge Selbstreflexion und ein ganzer Haufen poetisch-introvertierter Analysen über die immer wieder auftauchende Frage: What the fuck?
Gut, das klingt alles etwas selbstmitleidig und eine Zeile wie "Everyone will hear me complain / everyone will pity my pain" in "Never Been Wrong" eignet sich auch weniger, um diesen Eindruck abzuschwächen, dafür würde sie als Motto auf T-Shirts oder Kaffeetassen gut kommen. Davon liefert Crutchfield auf "Out In The Storm" eine Menge – nicht als Plattitüden, sondern als gelungene Mantras zur Selbstvergewisserung in Zeiten sich zerstäubender Ich-Grenzen.
In ihren durchweg in der ersten Person Singular vorgetragenen Geschichten flaniert die Amerikanerin durch alle Phasen eines Beziehungsendes: Wut, Flucht, Niedergeschlagenheit, Suff, Aufbruch, Wiedererweckungssehnsucht und vielleicht am Ende die Akzeptanz, dass etwas schwindet, verweht, geht, was im letzten Track "Fade" schmerzlich zum Ausdruck kommt: "I stayed out of your way - I'm fading, fading away". Es lohnt sich, einzelne Songtexte als kleine, tagebuchähnliche Gedichte an stürmischen Tagen zu betrachten und sich in der Trauerarbeit vom Wind ihrer Worte tragen zu lassen.
Der Sound erzeugt dabei keinen schneidend schmerzhaften Wind, der einem die Ohren abfallen lässt, so man seinen Beanie der guten Gefühle nicht tief genug ins Gesicht gezogen hat. "Out In The Storm" ist weniger 90s-Rrriot-Girl-Garage als die Vorgänger, was an Produzent John Agnello (u.a. Dinosaur Jr., Sonic Youth) liegen könnte, der seiner Arbeit professionell, im Ergebnis leider aber auch etwas glatt nachgeht.
Waxahatchee-Liebhaber dürfen sich wie immer über Indie-/Folk-Sounds freuen, einen manchmal an Kim Deal erinnernden Gesang und zwei wunderbare, nur von Akustik-Gitarre und Crutchfields Stimme dominierten Songs ("A Little More", "Fade"). Es bleibt dennoch ein etwas pappiger Beigeschmack, da die Scheibe mehr hätte leisten können, aber vielleicht hinterlässt das Scheitern an und für sich gerade diesen faden Nachgeschmack unvollendeter Befriedigung.
1 Kommentar
Da Liz Phair nicht mehr liefert, ist Waxahatchee doch ein feiner Ersatz.