laut.de-Kritik
Ein neuerlicher Pakt mit dem Gehörnten.
Review von Manuel BergerDie neue Besetzung scheint Wunder zu wirken im Witchery-Camp. Gut, qualitativ war auf die Horde schon immer Verlass, allerdings lag zwischen zwei Alben gerne mal eine längere Zeitspanne. Zwischen "Witchkrieg" und "In His Infernal Majesty's Service" gar sechs Jahre. Und plötzlich brauchen die Schweden nicht einmal 365 Tage für Platte Nummer 7. Schnellschuss ohne Substanz? Von wegen. "I Am Legion" reicht vielleicht nicht ganz an den Hit-gespickten Vorgänger heran, viel fehlt allerdings nicht.
Zumal auch "I Am Legion" Sofortzünder am Start hat. Mit dem groovenden Thrash-Intro "Legion" wärmen Patrik Jensen und Rickard Rimfält die Knochen auf, im direkt anschließenden "True North" lässts sich dann prächtig zu Angus Norders Keifen abschädeln. Die eingangs am Keyboard stattfindende, später an der Gitarre gespiegelte Leadmelodie erinnert an das "Der Exorzist"-Motiv (a.k.a. Mike Oldfields "Tubular Bells") und verfehlt seine teuflische Wirkung keineswegs. Gut möglich übrigens, dass der Albumtitel eine Anspielung an "Exorzist"-Autor William Peter Blattys Roman "Legion" (Grundlage für "Der Exorzist III") ist, dessen Titel sich auf folgende Bibelstelle bezieht: "Jesus asked him, saying, 'What is your name?' And he said, 'Legion,' because many devils had entered him."
Natürlich wimmelt es nur so vor dämonischen Textanspielungen und man meuchelt sich quer durch die Mythologie. "Amun-Ra" bekommt sein Denkmal in Form eines Motörhead-geschwängerten Highspeed-Ohrwurms. Den berühmten Pakt in "A Faustian Deal" hat offenbar Rickard Rimfält geschlossen – jedenfalls legt sein Solo das nahe. Da sag nochmal einer, Rumpelheimer hätten keinen Sinn für Melodie.
Wie kaum sonst jemand im Genre beherrschen Witchery den Spagat zwischen aufblitzender Erhabenheit und räudigem Dreschen. Wenn im "True North"-Refrain die Gitarrentremolos einen Choral imitieren, wähnt man sich in geräumigen Gräberhallen, die einen Teil ihrer sakralen Atmosphäre noch immer ausstrahlen, inzwischen aber vor allem davon geprägt sind, dass sich Angus Norder als halb verfaulter Zombie am Boden durch offenliegende Skelettberge wühlt.
Was ich "In His Infernal Majesty's Service" ankreidete, nämlich, dass Nummern in gemächlichem Tempo fehlen, bügeln Witchery auf "I Am Legion" aus. "An Unexpected Guest" schiebt den Hörer gewichtig vor sich her, Props gehen hier vor allem an Drummer Chris Barkensjö, der den eher simpel gehaltenen Gitarrenpatterns den nötigen Druck verleiht.
Ein paar Minuspunkte gibt es trotzdem. Das Zwischenspiel "Great Northern Plague" ist zwar nett gemeint, aber absolut verzichtbar. Genau wie der anschließende Rausschmeißer "The Alchemist". Hier erhöhen Witchery den Black Metal-Anteil ihrer Thrash-Mischung, statt Gold steht am Ende der Prügelei aber nur das Blei der Zutaten. Im Geschwindigkeitsrausch vergisst die Band, was sie doch eigentlich so gut kann: Struktur und Hooks.
Naja, nicht alle Glieder einer Legion überleben die Schlacht. Verluste gehören eben dazu. Und angesichts des zweifellos errungenen Gesamtsieges nimmt man diese im Falle von "I Am Legion" gern in Kauf. Witchery bleiben vertrauenswürdige Boten des Gehörnten.
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Jaha! Da wird wenigstens noch auf die Kacke gehauen bei Witchery. Nicht so ne weichgelutschte Kindergartenscheisse! Da qualmt die Ziege im Ofenrohr!^^