laut.de-Kritik

Die Zukunft klingt retro.

Review von

Ein neues ZZ Top-Album ist eigentlich immer zu begrüßen. Von dem rotzigen Bluesrock, den die drei mittlerweile spielen, kann es nicht genug geben. Auch wenn sie seinerzeit mit "Recycler" das Motto für ihre weitere Karriere vorgegeben haben, begeistert ihr Sound immer wieder aufs Neue. Das ist auch auf "La Futura" nicht anders. Trotz einiger ungewohnter Zutaten hört man dem Album zu jeder Zeit an, wer da am Werke ist.

Bei einer Spielzeit von nicht einmal 40 Minuten sollte dann aber bitteschön gehörig die Post abgehen. Und ja, der Einstieg mit dem an den alten Hip Hop-Klopfer "25 Lighters" angelehnte "I Gotsta Get Paid" gelingt dem Trio fulminant. Dreckig grooven ZZ Top hier wie Jungspunde und gleichzeitig klingt das schön abgehangen.

Wo sich die Herren allerdings den Albumtitel zusammen fabuliert haben, erschließt sich nicht wirklich. So grandios futuristisch ist das Klangkostüm nicht, in das sich die Herren da zwängen. In homöopathischen Dosierungen kleine Elektro-Spielereien einstreuen, macht noch keinen Dubstep.

Den wollen wir im Zusammenhang mit den Bärten aber auch nicht hören. Was wir viel eher hören wollen, wäre doch ein Klon aus "Sharp Dressed Man" und "Tush". Und genau das gibts bei "Chartreuse" auf die Ohren. So altbacken und selbstplagiiert das auch klingen mag, wenn nach dem Eingangsriff Beard den Shuffle vorgibt, rockt das die Bude fett.

Die wummernde Groove-Bombe "Consumption" rundet den starken Beginn ab, ehe "Over You" das Tempo rausnimmt. Im balladesken Stil ziehen Gibbons, Hill und Beard alle Klischee-Register, um Feuerzeug-Fetischisten Futter zu geben. So richtig berührend klingt das zwar nicht, aber wers braucht ...

So richtig oldschoolig benimmt sich "Heartache in Blues" mit wunderbar quengelnden Mundharmonika-Einschüben von James Harman. Etwas außergewöhnlich daher kommt der waschechte AC/DC-Rocker "Flyin' High", in dem die Rhythmus-Gitarren so dermaßen nach Angus und Malcolm anmuten, das man sich fragt, wieso sie nicht gleich die Young-Brüder ins Studio luden. So wenig ZZ Top gab es wohl noch auf keiner Platte. Entsprechend deplatziert wirkt die Nummer auch, zumal sich Gibbons im Refrain seltsam eierlos präsentiert. Komisches Ding.

Damit hat es sich mit den Abweichungen vom bisherigen Konzept aber auch schon. Schade aber, dass das Trio die stimmlichen Fähigkeiten von Dusty Hill außen vor lässt. Sein klares souliges Organ stünde dem ein oder anderen Track sehr gut zu Gesicht. So taucht er leider nur im Background auf.

Dennoch darf sich der geneigte Bartfetischist freuen, wieder neues Material auf die Ohren zu bekommen. Das klingt retro im besten Wortsinne, aber vielleicht ist ja genau das "La Futura"?

Trackliste

  1. 1. I Gotsta Get Paid
  2. 2. Chartreuse
  3. 3. Consumption
  4. 4. Over You
  5. 5. Heartache In Blue
  6. 6. I Don't Wanna Lose, Lose, You
  7. 7. Flyin' High
  8. 8. It's Too Easy Mañana
  9. 9. Big Shiny Nine
  10. 10. Have A Little Mercy

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