laut.de-Kritik

Best Of und unveröffentlichtes Material.

Review von

"Wir nannten die Musik, die wir machten, 'proletarisch', weil wir aus der Arbeiterklasse stammten. Wir kamen aus einer kulturell und geografisch isolierten Kleinstadt … und mussten uns unsere eigene Szene erschaffen", schreibt Natalie Merchant am Anfang des Booklets zur vorliegenden Veröffentlichung. Wie weit es die Band aus Jamestown, NY in den relevanten zwölf Jahren ihres Schaffens gebracht hat, zeigt "Campfire Songs" eindrucksvoll.

Der Titel täuscht und trifft zugleich den Nagel auf den Kopf. Bei den Liedern von 10.000 Maniacs geht es nur oberflächlich um einfach nachzuspielende Songs - um Lagerfeuermaterial eben. Es ist die darunter liegende Spannung zwischen der unschuldig klingenden Stimme Merchants, ihren poetischen, manchmal beklemmenden Texten und den vielschichtigen Arrangements, die die Faszination der Musik der Band ausmacht.

Dem Titel treu enthält die erste CD die bekanntesten Stücke. Die ersten drei stammen leider nicht von den selbst produzierten LPs "Human Conflict Number Five" (1982) und "The Secret Of The I Ching" (1983), sondern von einem 1990 veröffentlichten Remix-Album. Hinter den nachträglich eingebauten Verzerrungen und Keyboardeinlagen kommt eine Band zum Vorschein, die an The Smiths mit einer weiblichen Stimme erinnert. "Scorpio Rising" aus ihrem Major-Debütalbum "The Wishing Chair" (1985) klingt dagegen unüblich hart und zeugt von einem ersten Wandel in Richtung melodisch orientierter Musik.

Mit "Like The Weather" beginnt die erfolgreiche Phase in 10.000 Maniacs' Schaffen. Fast alle folgende Stücke sind auch auf ihrer "MTV Unplugged" von 1993 vertreten. Auf den Studioalben "In My Tribe" (1987, Lieder 5-9), "Blind Man's Zoo" (1989, 10-13) und "Our Time In Eden" (1992, 14-16) präsentieren sie Folk-Rock mit einprägsamen Melodien und der bestechenden Stimme Merchants, die nun als Markenzeichen der Band im Vordergrund steht. Trotz des fröhlichen Grundtons handeln ihre Texte von Kindermisshandlung ("What's The Matter Here"), Alkoholismus ("Don't Talk") oder schwangeren Mädchen ("Eat For Two"). Ihr Interesse für Kultur zeigt sich dagegen in "Hey Jack Kerouac" und "Verdi Cries".

Den kommerziellen Höhepunkt erreichen 10.000 Maniacs mit ihrer letzten Single "Because The Night". Ein Stück, das bezeichnenderweise von Bruce Springsteen und Patti Smith stammt. "Die Zusammenarbeit der Zwei symbolisierte das, was 10.000 Maniacs geschafft hatten", erklärt Merchant im Booklet. "Irgendwie waren wir immer noch eine subversive Indie-Band, gleichzeitig wurden wir auch vom Mainstream akzeptiert". Während es ihr gelang, diese Spannung ab 1993 auch auf ihren Soloalben aufrecht zu erhalten, waren ihre Mitstreiter ohne sie weit weniger erfolgreich. Die Wichtigkeit Merchants zeigt sich nicht nur in der Nichtberücksichtigung der letzten zwei Platten der Band, sondern auch an der Tatsache, dass sie bei der Zusammenstellung dieser Best Of die Feder führte.

Als wahres Juwel entpuppt sich die zweite CD mit unveröffentlichten und schwer erhältlichen Stücken. Zeugt "Poppy Selling Man" von der Experimentierfreude in der Frühphase und der Unsicherheit der damals gerade neunzehnjährigen Merchant, bietet sie eine ganze Reihe an interessanten Coverversionen und Zusammenarbeiten. Klingt Cat Stevens' "Peace Train" noch etwas lustlos, gelingt ihnen "Wildwood Flowers" der Carter Family deutlich besser. "To Sir With Love" stammt aus der "Unplugged"-Session und weist Michael Stipe als Gast vor, "Everyday Is Like Sunday" ist eines der bekanntesten Lieder der Smiths. Nach "These Days" (Jackson Browne), "I Hope That I Don't Fall In Love With You" (Tom Waits) und "Starman" (David Bowie) geht "Let The Mystery Be" mit einem schönen Duett von Merchant und David Byrne unter die Haut. Den Schluss bilden Demoversionen von drei Stücken aus "Our Time In Eden".

Auch wenn 10.000 Maniacs in Europa nie den Erfolg erreichten, den sie in den USA hatten, beweisen sie mit "Campfire Songs" ein letztes Mal, welch eine gute Band sie waren. Um so schöner, dass Natalie Merchant den Faden weiter gesponnen hat, und im März 2004 eine von ihr selbst produzierten Sammlung an Folk-Songs erscheinen soll.

Trackliste

The Most Popular Recordings

  1. 1. Planned Obsolescence
  2. 2. My Mother The War
  3. 3. Tension
  4. 4. Scorpio Rising
  5. 5. Like The Weather
  6. 6. Don't Talk
  7. 7. What's The Matter Here
  8. 8. Hey Jack Kerouac
  9. 9. Verdi Cries
  10. 10. Trouble Me
  11. 11. Poison In The Well
  12. 12. You Happy Puppet
  13. 13. Eat For Two
  14. 14. Stockton Gala Days
  15. 15. Candy Everybody Wants
  16. 16. These Are The Days
  17. 17. Because The Night

The Obscure & Unknown Recordings

  1. 1. Poppy Selling Man
  2. 2. Can't Ignore The Train
  3. 3. Peace Train
  4. 4. Wildwood Flower
  5. 5. Hello In There
  6. 6. To Sir With Love
  7. 7. Everyday Is Like Sunday
  8. 8. These Days
  9. 9. I Hope That I Don't Fall In Love With You
  10. 10. Starman
  11. 11. Let The Mystery Be
  12. 12. Noah's Dove
  13. 13. Circle Dream
  14. 14. Eden

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