laut.de-Kritik
Auf den Spuren von Kaiser Franz.
Review von Joachim GaugerDas erste Album der Finnen nach vier Jahren Pause schlägt langjährige Wegbegleiter vielleicht erst mal vor den Kopf. "Drops & Kicks" klingt zunächst wie eine Rückkehr zu den Wurzeln der Band zwischen Punk und Blues. Bei näherem Hinhören aber entfaltet sich ein verborgener Glanz und zeigt sich die Radikalität des Neuanfangs, den die Brüder Asko und P-K und ihr Sandkastenfreund Espe aus dem kleinen, am Polarkreis gelegenen Utajärvi wagten. Von den "Spielereien mit der Groovebox", die Kollege Schade bei der "Rally Of Love" auf Dauer doch langweilten, ist jedenfalls nichts mehr zu hören.
Vielleicht ließen sich die Finnen auch vom Erfolg von The-Bands und Retrorock inspirieren. Immerhin ist in den Credits der Name des Aufnahmetechnikers und Produzenten Stefan Kvarnström genannt, er arbeitete zuvor für Aha, Mel C, Sophie Ellis Bextor, Emiliana Torrini, zuletzt betreute er die Aufnahmen des Franz Ferdinand-Albums. Allerdings schließt "Retro" bei 22 Pistepirkko weder Risikofreude noch Experimentierlust aus, im Vergleich zur oft eher braven Kaiser Franz-Familie kommt "Drops & Kicks" recht wagemutig daher.
Wie um eine Brücke zu den vergangenen Releases zu bauen, verwöhnt im Refrain des Openers noch einmal ein (echtes) Orchester-Tutti in der Klangfülle vergangener Tage, bevor 22 Pistepirkko im zweiten Titel "Rat King" plötzlich klingen wie die Stones zu ihren wilderen Zeiten. Darauf folgen eine weinerliche Ballade ("I Knew"), Garagenrock mit monotonem Gitarren-Delirium ("Space Riding"), ein Popsong mit euphorischem Refrain ("Sister May") und ein krachig nach vorne gehender Rock'n'Roller ("Not So Good At School").
Gemeinsam haben all diese Tracks die typisch schwebenden Pistepirkko-Harmonien und den nasalen Gesang, der schon irgendwie an Neil Young erinnert. Gemeinsam haben sie aber vor allem den sehr trockenen Sound, der bei aller Rauhheit doch auch eine große Wärme ausstrahlt und großen Wert auf 'Natürlichkeit' legt. So ist etwa am Ende von "Hello Sunshine" vereinzeltes Klatschen im Studio zu hören.
Also noch ein Wort zu den neuen Mitstreitern von 22 Pistepirkko: Produziert hat die Scheibe Kalle Gustafsson Jerneholm, im Hauptberuf Bassist bei The Soundtrack Of Our Lives. Vier Stücke ("Hello Sunshine", "X-(WO)Men", "Space Riding" und "Soul Free") sind von John Hanlon abgemischt, dem früheren Neil Young-Tontechniker, der etwa beim Soundtrack "Dead Man" seine Finger im Spiel hatte.
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