laut.de-Kritik
Im Dunstkreis von Hip Hop, Industrial und Elektro.
Review von Daniel StraubDer Mute-Act 2nd Gen aka Wajid Yaseen stellt dieser Tage seinen zweiten Longplayer mit dem bedrohlichen Titel "Flicknives" in die Plattenläden. Freunde atonaler Klangimprovisationen können sich auf eine abwechslungsreiche Fahrt durch Yaseens Welt aus Loops, Cuts, Beats, dröhnenden Sounds und fiesen Modulationen freuen. Von zarten Ambientflächen bis hin zu harschen, rhythmisierten Industrial- und Hip Hop-Tracks ist eine erstaunliche Bandbreite experimenteller Musik vertreten.
Versöhnlich ist auf "Flicknives" aber immerhin der Beginn. Ganz weit unten zieht sich eine Bassline durch den Track, auf der sich verfremdete Streicherharmonien treffen, die genauso gut dem Soundtrack zu einem orientalischen Filmopus entliehen sein könnten. Meditativ in der Grundanlage ist der Opener "Evox" keinesfalls repräsentativ für "Flicknives"; das wird schnell klar, wenn die stark verzerrten Bassakkorde von "Middle Finger Motiv" die kontemplative Stimmung der ersten Minuten mit aller Vehemenz durchschneiden.
Dass man später nicht mehr rückfällig wird, dafür tragen die übrigen neun Tracks Sorge, die mit mehr oder weniger intensiven Kracheinlagen alles andere als leichte Kost darstellen. Als roten Faden durch die Platte zieht sich Yaseens Liebe für Rhythmen, die seinen Geräuschskulpturen Halt geben, sie in eine vorsichtige Struktur einfügen. Schwere Hip Hop-Beats erfüllen diese Funktion bei "Some Dirt You Just Can't Wash Away" genauso wie die fast schon geschmeidigen Elektro-Grooves von "Non-Plussed".
Damit bewegt sich 2nd Gen im Dunstkreis seiner Kumpels von Dälek, deren Fusion von Industrial und Hip Hop den Zuhörer ähnlich kompromisslos überrollt. Für den schnellen Genuss zwischendurch kommt der zweite 2nd Gen-Longplayer damit kaum in Frage. Eher schon für eine Weihnacht zwischen Industriebrachen und verfallenen Häuserzeilen.
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