laut.de-Kritik

Nur ein Stern von vielen am Pop-Himmel.

Review von

Obwohl 5 Seconds of Summers viertes Album "Calm" seit gerade mal zweieinhalb Jahren auf dem Markt ist, kamen Fans, die sich schon immer gefragt haben, wie die Welt der einzelnen Mitglieder außerhalb der eigenen Band-Bubble aussehen könnte, in der Zwischenzeit durchaus auf ihre Kosten. Gleich zwei Soloalben brachte der Lockdown hervor, Frontman Luke Hemmings' solides Pop-Projekt "When Facing The Things We Turn Away From" sowie Drummer Asthon Irwins überragende Alt-Rock-LP "Superbloom". Dass es früher oder später in gewohnter Formation weitergehen würde, war allerdings nur eine Frage der Zeit.

Die Band kehrt also in gewohnter Aufstellung zurück. Doch im Umfeld ist zuvor viel passiert. Nachdem Hemmings und Co. nach über einem Jahrzehnt sowohl Label als auch Management gewechselt haben, gleicht "5SOS5" einem Neuanfang, begleitet vom Gefühl, sich auf ein Neues beweisen zu wollen.

Besonders "Older" zeigt dabei die gereiften Fähigkeiten der Australier. In der hingebungsvollen Manier einer Hommage an vergangene Zeiten entführt das Duett von Hemmings und seiner Verlobten Sierra Deaton mit gefühlvollem Piano und vereinzelten Bläsern in die musikalische Welt der 50er- und 60er-Jahre. "Caramel", gesungen von Hemmings und Irwin, beinhaltet wiederum alle Zutaten, die es für einen mitreißenden 5SOS-Song braucht: Eine solide Bass-Line gepaart mit einprägsamer Lead-Gitarre, mitreißende Harmonien und sogar ein kurzes Akustik-Outro, das etwas an Fleetwood Mac erinnert, sorgen für ein rundes Pop-Hörerlebnis.

Während das Quartett zwar für vereinzelte Highlights gut ist, entpuppt sich "5SOS5" im Vergleich mit der noch frischen Erinnerung an die besagten Soloplatten jedoch als ein Album, dessen Ambition gleichermaßen die große Schwachstelle darstellt. Am Ende sorgen die 19 Songs unausweichlich dafür, dass sich eine immense Zahl an Fillern auf dem erstmals größtenteils in Eigenregie produzierten Werk anhäuft.

Obwohl sich die Gruppe auf ihrem bisher "introspektivsten und lyrisch schönsten" Album mit existenziellen Themen beschäftigt und das vergangene Jahrzehnt des Banddaseins reflektiert, fehlt es dem Werk auf musikalischer Ebene meist an instrumentalen Pendants, die diesen Themen gerecht werden. Zu oft verfällt die Gruppe in ähnliche Muster, die das atemberaubende Gefühl einer sphärischen, einnehmenden Atmosphäre vorgaukeln, sich bei nüchterner Betrachtung aber als nicht viel mehr denn kalkulierte Pop-Formeln entpuppen.

So drehen sich Tracks wie "Red Line", "Take My Hand - Joshua Tree Version", "Complete Mess", "Emotions" oder "Bleach" meist nur im Kreis und versuchen vergebens, mit Atmosphäre über ihre Eindimensionalität hinwegzutäuschen. "Easy For You To Say" und "Bad Omens" brauchen wiederum zu lange, um mit einer finalen, verzerrten Wall of Sound oder einem epischen Streicherschlussakt ihr Facettenreichtum zu beweisen, wohingegen "Haze", "Bloodhound" und "Flatline" an anderer Stelle besser auf einem Maroon 5-Album aufgehoben wären.

Ein Pluspunkt bleibt die verstärkte Aufteilung der Gesangsparts, sie sorgt auch bei enttäuschenden Songs für eine gewisse Dynamik und teils himmlische Harmonien ("Moodswings"). Ein Gefühl für eingängige Songs kann man der Band kaum absprechen, auf "5SOS" findet sich kaum ein Song, der nicht funktioniert. Jedoch lebt diese Eingängigkeit im fünften Anlauf auf Kosten einer potentiell vielfältigen Klangwelt oder dem Mut zu Originalität. So bleiben 5 Seconds Of Summer weiterhin nicht mehr als ein Stern von vielen am Pop-Himmel.

Trackliste

  1. 1. Complete Mess
  2. 2. Easy For You To Say
  3. 3. Bad Omens
  4. 4. Me Myself & I
  5. 5. Take My Hand - Joshua Tree Version
  6. 6. Blender
  7. 7. Older
  8. 8. Haze
  9. 9. You Don't Go To Parties
  10. 10. Carousel
  11. 11. Caramel
  12. 12. Best Friends
  13. 13. Bleach
  14. 14. Red Line
  15. 15. Moodswings
  16. 16. Flatline
  17. 17. Emotions
  18. 18. Bloodhound
  19. 19. Tears!

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