laut.de-Kritik
So klingt ein ungarisches Traumtheater.
Review von Michael EdeleDas US-Label Magna Carta ist eigentlich immer ein Garant für mindestens interessante, meist hochwertige Prog-Musik. Age Of Nemesis machen da keine Ausnahme, haben aber zumindest einen gewissen Exotenbonus, da die Truppe aus Ungarn stammt. Dort sind sie auch schon so etwas wie Volkshelden, aber außerhalb ihres Heimatlandes hält sich der Bekanntheitsgrad nach wie vor in engen Grenzen.
Das soll sich mit "Terra Incognita" nun ändern, und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Zumindest hat sich das Quintett seine Dream Theater- und Symphony X-Scheiben sehr genau angehört und sich die wichtigsten Teile zu eigen gemacht. Dazu kommt, dass es sich bei den Ungarn um ausgesprochen virtuose Musiker und Songwriter handelt, denn ihre Songs sind zwar komplex arrangiert und mit vielen kleinen Extras verziert, aber jederzeit nachvollziehbar.
Gerade die Tatsache, dass sie noch nicht ganz so verkopft wie die großen Vorbilder aus Übersee zur Sache gehen, macht mir die Band, die ihre Alben bisher hauptsächlich in der Landessprache veröffentlicht hat, so sympathisch. Klingt der Opener "Tree Of Life" noch stellenweise schier übermächtig nach Dream Theater, vor allem was die Gitarren- und Keyboardsounds angeht, so setzt "Meeting With The Unbelievable" schon eigene Akzente und vor allem tolle Melodien.
Das daran anschließende "The Land Of Light" klingt einfach dermaßen frisch und unverbraucht, dass sich beim Hören unvermittelt ein Lächeln auf dein Gesicht stiehlt. Es folgt mit "The Secret" ein kurzes, recht ruhiges Intermezzo, bevor "Another Existence" mit einem richtig tollem Drive wieder den Dream Theater-Vergleich bemüht. Allerdings gehen die Ungarn selbst beim Instrumental "Inferno" nie so verspielt zu Werke wie die Amis, sondern immer song/storydienlich.
Während "Someone Must Take The Blame" noch sehr rockig ist, erinnert vor allem die Gesangslinie von "Forgive Me My Foolish Crime" fast an ein Musical. "Why" ähnelt wieder "The Secret", bevor es so langsam auf die Zielgerade geht. Den vielleicht ein wenig unspektakulären Abschluss liefert das knapp neunminütige "Plummeting Into Eternity". Musikalisch fehlen bei der Nummer ein wenig die großen Momente.
Wie es sich für anständige Prog Metaller gehört, haben sich auch Age Of Nemesis zum wiederholten Male an ein Konzeptalbum gewagt und das Tagebuch eines gerade verstorbenen, jungen Mädchens als Grundthema gewählt. Zwar taucht hier und da die erwartete Melancholie des Themas auf, doch depressiv geht es dennoch nie zur Sache. Checkt bei der Gelegenheit auch gleich mal den Vorgänger "Psychogeist" an.