laut.de-Kritik
Im Inneren bleibt es dunkel.
Review von Toni HennigMit "Opvs Noir Vol. 1" haben Lord Of The Lost im Sommer 2025 eine Rückreise in das dunkle Innere der Band angetreten. Nun legen die Hanseaten mit "Opvs Noir Vol. 2" nach und bringen das Konzept Hoffnung ins düstere Panorama.
"The Fall From Grace" leitet die Platte elektronisch rockig ein, hier und da um aggressive und sinfonische Nuancen ergänzt. "Would You Walk With Me Through Hell?" wartet mit Beauty And The Beast-Gesängen von Chris Harms und Lena Scissorhands von Infected Rain auf, die mit ihrer furiosen stimmlichen Bandbreite von hart bis zart den Song enorm aufwertet, während moderne, groovige Einflüsse nicht zu kurz kommen. "One Of Us Will Be Next" und "Walls Of Eden" bewegen sich eher im gemächlichen Midtempobereich. Aus der Langeweile reißt die harte Doublebasspassage gegen Ende im zweitgenannten Stück.
In "Raveyard" bringt der Finne Käärijä, der wie die Band 2023 am Eurovision Song Contest teilnahm, etwas ravige Abwechslung und Partystimmung. Denkt man sich die tiefe Stimme von Chris Harms und das melancholische Piano weg, könnte der Track aber auch genauso gut von Electric Callboy stammen. Übrigens erreichte Käärijä mit "Cha Cha Cha" damals den zweiten Platz, also wäre es doch gar keine so schlechte Idee, die Erfolgs-Truppe aus Castrop-Rauxel für Deutschland antreten zu lassen.
"The Last Star" besticht durch seine dystopische Großstadt-Atmosphäre, während Chris Corner alias IAMX in "What Have We Become" noch einen großen Schuss Theatralik ins Spiel bringt. Dramatik bekommt man auch im hymnischen "Winter's Dying Heart" geboten, das zum Feuerzeugschwenken einlädt. Etwas geradlinigere Töne stehen in "Scarlight" auf dem Programm, das kurz vor Schluss mit einem gelungenen Gitarrensolo überrascht.
"Please Break The Silence" stellt ein emotionales Duett zwischen Chris Harms und Anna Brunner von League Of Distortion dar, deren an Bonnie Tyler erinnerndes Organ aber Geschmacksfrage bleibt. Auch in "Sharp Edges" beschwört Harms ganz große Gefühle herauf. Dabei schweigen die Gitarren zugunsten von Streichern und barock anmutenden Klängen.
Letzten Endes stellt "Opvs Noir Vol. 2" zwar eine sinnvolle Erweiterung des Vorgängers dar, kommt aber nicht an dessen Qualität heran. Dazu mangelt es an dem ein oder anderen Hit mehr, da, abgesehen von kleineren Feinheiten und Ergänzungen, strukturell oftmals ein Song dem anderen gleicht, ohne dass großartig etwas hängen bleibt. Für Würze und Abwechslung im Sound sorgen im Grunde genommen eher die Gäste als die Band selbst. Viele Fans dürfte die Scheibe dennoch zufrieden stellen.


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