laut.de-Kritik
Was Heino kann, kann Annett schon lang - nur besser.
Review von Paula IrmschlerDas ins Fäustchen-Gelache war groß: Annett Louisan, diese zarte, blonde Frau (Popelfe!) veröffentlicht ein Cover-Album, auf dem sie sich Songs von ausschließlich männlichen Künstlern und trashigen Stücken annimmt. Annehmen im Sinne von in Louisan'scher Art interpretieren, also eh deutsch und ganz sanft, Klavier, verhuscht, hauchend.
Moment mal ... sowas gab es doch unlängst schon? Heino, ebenfalls blond! Damals mit perfekt inszeniertem unautorisierte-Coverversionen-PR-Stunt. Ob Annett Louisan sich das Okay der Künstler eingeholt hat? Davon ist auszugehen, sie ist ja so nett. Ihr Image, ihr Können und der Erfolg hat sie jetzt bis zum Majorlabel Sony/Columbia gespült und die erste Veröffentlichung lautet nun eben "Berlin, Kapstadt, Prag". Weniger Chanson, mehr blanker, zauberhafter Pop.
Beschränkt hat sich Louisan letztlich, der schmissigen Anpreisung wegen ("Zehn Songs in zehn Tagen"!) auf zehn Interpretationen. Die Sendung "Sing meinen Song" und die Zeit in Kapstadt habe sie dazu inspiriert, aufgenommen wurde dann aber in Berlin. Angefangen mit Rammsteins "Engel", bei dem sie wie ebenjene Besungene klingt und dem Rumgewichse Till Lindemanns eine nackte, melodische Version des fast 20 Jahre alten Songs gegenüberstellt.
Es folgt das noch ältere Kraftwerk-Stück "Das Model" - eigentlich ein Blasphemie-Unternehmen, jedoch birgt auch diese leichtfüßige Fahrradfahr-Interpretation, die Louisan da vorschlägt, durchaus Soundtrackqualitäten. Die aktuellsten Songs sind Wandas "Bologna" - ohne Wiener Schmäh, aber voll okay, und Marterias "OMG", das ja schon im Original so langweilig ist, dass sie gar nicht viel falsch machen konnte. Obwohl es zur ersten Single von "Berlin, Kapstadt, Prag" auserkoren wurde, ist dieser Track der einzige, bei dem Louisan sich im fremdem Gewässer so ein bisschen verpaddelt.
Ganz im Gegensatz dazu "Wie soll ein Mensch das ertragen" (Philipp Poisel), "Stark" (Ich + Ich) und "Durch den Monsun" (Tokio Hotel) und der geheime, aber hier doch mal aufgeschriebene Wunsch, Annett Louisan hätte diese Songs von Anfang an geschrieben und aufgenommen, sie scheinen nämlich rechtmäßig ihr zu gehören. Wie zuhausig es sich auch anfühlt, direkt mitsingen zu können.
Unschlagbares Highlight ist aber "Solang' man Träume noch leben kann", ein Cover der Münchener Freiheit mit Imaginationen an die Sängerin, wie sie an einem Fluss sitzt, über die Schulter blitzt und dieses Komm-mit-in-eine-bessere-Welt-Lächeln aufsetzt. Ja, ich komm mit. Nicht mal die "Helden"-Interpretation (David Bowie) hält mich nun mehr davon ab: Ich bin jetzt Louisan-Fan, oh Gott.
7 Kommentare mit 2 Antworten
Ist tatsächlich recht hübsch geworden, die Platte. Da habe ich Schlimmeres erwartet.
"Ich bin jetzt Louisan-Fan, oh Gott."
Wenn du kämpfst, lass disch nischt häng', halt den Kopf hoch
Meine Schwester, sei stark, geh dein Weg, es gibt Hoffnung
Du kannst es schaffen und das ist nischt nur ein Spruch
Glaub daran, glaub an disch, Homäh...gib dir'n Ruck! KOMM!
https://www.youtube.com/watch?v=lRRhr7jHKFw
"Wie zuhausig"
Wenn ich derartiges lese...da werd ich ja geradezu draufhausig.
Nur für Vorbesteller mit selbstgestricktem Rollkragenpullover und Annetts lieblings-Katzenfutter.
Hat jemand Zurechnungsfähiges das Album gehört und kann seinen Senf dazu geben?
LMAO.
Der Rezensent beschließt das Album mit der Feststellung, dass er dank eben jenem Album nun Fan von Annett Louisan ist. Klingt für mich nach vier oder gar fünf von fünf Punkten. Am Ende sind's trotzdem nur drei. Muss man nicht vertehen, oder?
Genausowenig wie deinen Nick. Musik kann man nicht "wissen", höchstens kennen.