laut.de-Kritik
Anti aus Prinzip.
Review von Dominik Lippe"Ich mach' die Mucke, die ich lieb'. Rauch dabei richtig gutes Weed. Und wenn so'n Spasti kommt und Stress macht, lass ich Mittelfinger fliegen. Das ist anti aus Prinzip." Zum Ende von "Love, Weed & Mittelfinger" fasst Antifuchs noch einmal ihre Tugenden zusammen. Nach der EP "Willkommen Im Fuxxxbau" und dem sträflich wenig beachteten Debüt "Stola" platziert sie die drei Elemente ihrer Musik direkt in den Titel. Wobei sie als eine der versiertesten Rapperinnen dieses Landes noch den "Serienkiller-Flow" als vierte Komponente hätte einfügen können.
"Immer noch spuck' ich meine Bars in jedes Mic. Dicka, gib' mir einen Beat und ficke dieses Teil." Bereits die Wortwahl im "INTRO" offenbart, dass sich Antifuchs im Zuge ihrer Rap-Sozialisation an deutlich älteren Semestern orientierte. Als eines von fünf A-cappella-Stücken des Albums nutzt sie die Ouvertüre, um ihr ganzes Talent für ausgefallene Präsentationen zum Besten zu geben. Der auffallend akzentuierte Vortrag der Füchsin lässt wenig Zweifel daran, Mumble-Rapper mit Haut und Haaren verspeisen zu können. "LOVE" blüht später als regelrechter Theater-Monolog auf.
Mit eindringlicher Vocal-Performance wartet sie auch in "Still" auf. Für das melodramatische Liebeslied hängt sie sich emotional voll rein. Über weite Strecken werden Verse über das bedächtig treibende Trap-Instrumental geschrien. Ohnehin liefert Rooq amtliche Produktionen ab. Die blubbernden Bässe des astreinen Headbangers "Kräuter, Knobi, Feta" hätten sich in SSIOs Katalog hervorragend eingefügt. Bedächtig elektronisch rollt dagegen "Ruhestörung" den Soundteppich für Frauenarzt aus, der nach der "Porno Mafia"-Kollabo zum Gegenbesuch antritt.
Dank angenehmer Atmosphäre sticht "Fallen" am ehesten als Pop-Nummer hervor. Interessanterweise vollzieht Antifuchs das Kunststück, ihre Battle-Attitüde aufrechtzuerhalten, während sich der Text darum dreht, Ängste zu überwinden ("Wenn ich fall', hab' ich die Augen immer offen"). Woher sie ihre Furchtlosigkeit nimmt, gesteht sie wenig nachvollziehbar in "Zeichen": "Ich hab' ein Schutzschild aus Psychosen und deshalb hab' ich keine Angst". Auch sonst tischt die gebürtige Kasachin gemeinsam mit Crystal F allerhand schwer verdaulichen Hokus Pokus auf.
Pedaz gesellt sich mit einem unspektakulären Part zu den amtlichen Bässen und dem unzusammenhängenden Text ("Wat war dat Thema von dem Song?") von "100". Unterdessen hebt Antifuchs erneut die übergeordnete Bedeutung ihrer Haltung hervor: "Das hier ist Unterschicht, du Opfer. Ich stapel' keine Hunnies im mei'm Koffer." In der völlig deplatzierten Dance-Nummer "Fressflash" fragt sie eigentümlicherweise "Was kostet mich die Welt?", womit die Konsum-Hymne die zuvor gepflegte Attitüde negiert: "Ich zähle keine Kalorien, denn ich zähle nur mein Geld."
Die Haltungsfrage stellt sich insbesondere beim Stinkefinger, den sie lyrisch wie in ihren Social-Media-Kanälen stets emporrichtet. Im wunderbar pointiert vorgetragenen "MITTELFINGER" geht es darum, an wen sich die handfeste Widerstandsgeste denn nun richtet. Abgesehen von der vagen Aufforderung, sich locker zu machen, bleiben die Motive enttäuschend unpräzise ("Meistens gibt es Gründe, aber manchmal gibt es kein'"). Schließlich findet sie doch noch Adressaten: "Für den Lehrer, der so nervt, oder den Ex, der dich so stresst". Die hohle Pose wird es schon richten.
Antifuchs inszeniert sich als konsequent und dickköpfig, bleibt aber selbst in den persönlichen Songs nur wenig greifbar. Sie ist auf die klassischen Rap-Tugenden fixiert, doch für ein Battle-Rap-Album fehlt es an gewitzten Punchlines. Auf der anderen Seite fallen die Texte wiederum zu ausgefuchst aus, um wirklich mit den zum Teil wuchtigen, auf eine drogeninduzierte Eskalation setzenden Instrumentals zu harmonieren. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, wenn sie eine klarere Linie fände. Aktuell fehlt ihr selbst ein wenig die Orientierung: "Ich weiß nicht, was ich will – anti for life".
6 Kommentare mit einer Antwort
Dope /aber ein bisschen zu lang
ungehört 1/5, einfach aus prinzip.
0/5 reichen da völlig
Sehe Antifuchs grundsätzlich als eine der stärksten Rapperinnen in Deutschland aktuell, aber die Review lässt sich bzgl. inhaltlicher Kohärenz schon unterschreiben und auch die Länge des Albums ist etwas drüber
Finds nicht schlecht. Wobei ich bei den a capella parts schon stark an das gebete von DMX gedacht habe...
"shliiwa? Ist das polnisch für 'Scheisse'?" (Luke VBT 2015 halbfinale Jenemy vs Acou)
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