laut.de-Kritik
"Feel Good Hit Of The Summer" - auf LSD.
Review von Christoph DornerNeben British Sea Power und den Super Furry Animals zählen Archie Bronson Outfit zu jenen schrulligeren, aber originären Bands aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien, die nicht mit Gewalt die erste Ausfahrt in die Charts nehmen. Hatte das mittlerweile in London wohnhafte Trio mit seinen ersten beiden Alben bereits das Lob eingefahren, so etwas wie die Led Zeppelin der Nullerjahre zu sein, so dreht man auf Coconut die Daumenschrauben noch weiter.
Der fuzzige Bass des Openers "Magnetic Warrior" klingt doch glatt nach dem Smasher "Feel Good Hit Of The Summer" von den Queens Of The Stone Age – nur fährt diese Karre hier nicht mit Höchstgeschwindigkeit, sondern Schlangenlinien. Denn während Josh Homme und Nick Oliveri sinnbildlich wohl eher zu aufputschenden Mitteln greifen würden, präferieren Archie Bronson Outfit hörbar eher den psychedelischen LSD-Trip.
Auf "Coconut" tastet das Trio im bunten Pepperland der Beatles (man beachte nur das Cover) nach den Songs, die sie irgendwann einmal unter Selbsthypnose aufgenommen haben müssen. Deren Eigenleben ist jedenfalls hinter extremen Rückkopplungen, seltsamen Hall-Effekten, holprigen Rhythmen und dem bellenden Megaphon-Gesang von Sam Windett so gut versteckt, dass man hinter einigen Songs zunächst glatt eine übersteuerte Live-Aufnahme vermuten könnte.
So zum Beispiel "Wild Strawberries", dass sich des unwiderstehlichen Drives von Bob Dylans "Subterranean Homesick Blues" (das auch nicht ohne Drogen-Referenz auskam) bedient und zu schepperndem Punk & Roll überdreht. Oder die Single "Shark's Tooth", deren Sounddesign so blechern klingt wie die Tonspur eines illegal ins Netz gestellten Kinofilms. Komischerweise funktionieren die Songs trotzdem blendend.
Das mit DFA-Punk-Spezialist Tim Goldsworthy ein Top-Produzent an den Reglern saß, hört man allenfalls an ein paar funkigen Schnörkeleien hinter dem 80er Jahre-Wave von "Chuck". Paradoxerweise folgen darauf in "Have a Right to a Mountain Life / One Up On Yourself" bereits wieder Gitarrenexzesse, wie sie sonst nur Syd Barrett bis zu seinem Rauswurf bei Pink Floyd hinbekommen hat. Der Grund: Natürlich die Drogen, speziell LSD.
Nun muss man die Rauschbärte von Archie Bronson Outfit wegen dieses spinnerten Albums (auch mit Bonus-DVD und alternativen Versionen der Songs) nicht zwangsläufig zur Suchtberatung schicken. Vielmehr outen sich die drei Musiker einmal mehr als eigenwillige Connaisseure der Rock-Historie und haben zudem einen ausgeprägten Hang zu ironischen Untertönen. Denn wer in "Hunt You Down" Sugar-Folk mit expliziten Mordfantasien verbindet, will letztlich genauso ernst genommen werden wie die echten Ritter der Kokosnuss.
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