laut.de-Kritik
Von der MySpace-Band zu Weinglas-Schwenkern und zurück.
Review von Sven KabelitzDezember 2020, und nur noch wenige von uns können sich an Live-Konzerte erinnern. An die mit einem solchen Event verbundenen Traditionen. Wie etwa das ewige Warten. Die uninteressante Vorgruppe, vor der man nie danach wieder etwas hörte. Die größte Person des Raumes, die sich immer von einen stellte. Das überteuerte Bier, das irgendein Honk einem über die Hose schüttete. Das alberne Zugaben-Spielchen. Der Schweißgeruch, die Handymitfilmer und nicht zu vergessen: Der Konzertpupser. Das Klatschen kam damals nicht etwa vom Band, sondern es wurde analog von Menschen erzeugt, die ihre Hände kraftvoll aneinander schlugen. Wir hatten ja damals nichts.
Die Arctic Monkeys gelten von jeher als Musik-Archäologen. Nun widmen sie sich diesem fast vergessenen Ritual. Mit "Live At The Royal Albert Hall" veröffentlichen sie eine aus dem fernen 2018 stammende Aufnahme. Wie schon der Abend in den altehrwürdigen Gemäuern selbst geht der Erlös dieses Museumsbesuchs komplett an War Child UK, "um die lebenswichtige Arbeit zu unterstützen, die sie zum Schutz, zur Ausbildung und zur Rehabilitation von Kindern leisten, die das Trauma des Konflikts und die Schrecken des Krieges erlebt haben".
Munter musizieren die Monkeys durch zwanzig Melodien. Der Hauptaugenmerk liegt mit zehn Stücken klar auf den letzten beiden Longplayern "AM" und "Tranquility Base Hotel & Casino". Werke, die im Gegensatz zu ihren ersten mehr auf Flair als Energie setzen. Begleitet von seiner spielfreudigen Truppe bringt Sänger Alex Turner diese Sangesweisen voller Enthusiasmus seinem Publikum vor.
Weitestgehend hält sich die Band an die Studioversionen. Neuerkenntnisse, die Live-Alben erst zu mehr als einem Fan-Goodie machen, bleiben spärlich gesät. Wie so oft stellt "Live At The Royal Albert Hall" einfach eine Best Of mit Fanbeteiligung dar. Diese grölen munter jedes Riff mit. Bezeichnen die Monkeys das Konzert als einen "denkwürdigen Abend" und "eine besondere Show", bleibt diese Ausstrahlung puren Zuhörer*innen leider verwehrt.
So gehen die Arctic Monkeys knappe eineinhalb Stunden ihren abwechslungsreichen Weg von der MySpace-Band von gestern zu den Weinglas-Schwenkern mit hochgezogener Augenbraue von heute und zurück. Freudig umarmt das Publikum die wilde Energie der Anfangstage, die sich in kurzen Ausbrüchen auch in neueren Songs wie dem Gitarrensolo von "Arabella" wieder findet. "Knee Socks" erhält einen sehr gelungenen, atmosphärischen Einstieg. Den festlichen Umständen entsprechend startet "Cornerstone" mit einem kurzen Albert Hall-Einstieg.
Während ein Track wie "Star Treatment" eher zum Bier holen einlädt, geht die Wutz bei Klassikern wie "Brianstorm" und "I Bet You Look Good On The Dancefloor" erst so richtig ab. Deutlich zeigt sich hier im Vergleich zu einst die Veränderung in Alex Turners nun deutlich tieferer Stimme. Diverse Verzocker und Soundkratzer verdeutlichen, dass sich die Overdubs sympathischerweise wohl eher in Grenzen halten. In der ersten Strophe von "The View From The Afternoon" gönnt sich Turner sogar ungehindert einen kleinen Texthänger.
Auf "Live At The Royal Albert Hall" verdeutlichen die Arctic Monkeys, dass ein Konzertabend mit ihnen eine gewaltige Sause sein konnte. Eine Spur Menschlichkeit, die uns nun bis auf weiteres verloren ging. Leider steht der dumpfe, einschränkende Sound dem Erlebnis im Weg. Die ungemeine Energie des Abends bleibt greifbar, mag aber nie so ganz überspringen.
1 Kommentar mit 6 Antworten
Da fehlen aber einige Hits vom grandiosen Debut, ma anmerken.
Jetzt hier an der passenden Stelle:
Ach so, ich erfuhr soeben, dass man als AM-Fan automatisch Hinterlader ist - das hier ist also mein Outing. Aiiiight.
https://giphy.com/explore/facepalm
Was meinst du damit? Musik für den Arsch bzw. AM=Arschmusik?
AM = Arctic Monkeys. Ein gewisser jemand.... ...hat festgelegt, dass deren Hörer Homos sind.
nur homos sagen wer homo ist
Da könnte was dran sein, werde es dem gewissen jemand ausrichten.