laut.de-Kritik
Sind die Berliner Herren Unbekannt die Zukunft des Synthiepops?
Review von Michael SchuhUnglaublich! Da gehen zwei maskierte Berliner ins Studio, leeren ihre prall gefüllten Plattencases auf dem Boden aus und zerhackstücken auf der eigenen Debutscheibe schließlich alles, was Anfang der 80er auch nur annähernd mit elektronisch erzeugten Mitteln die Charts stürmte. Future?
Wichtig scheint dieser Tage einzig, wie man Vergangenes geschickt, will sagen: groovy, verpackt. Deshalb Ohren auf bei Artist Unknown: die Herren Unbekannt haben sich hier nämlich die Mühe gemacht, mit Stil und Ironie spleenige New Wave-Sounds mit den Errungenschaften der digitalen Studiotechnik zu kombinieren.
Das zündet dann in Form der famosen Clubnummer "Control", die gespickt mit kantiger Wummer-Bassline, Vocodervoices und mächtig Synthieflächen bereits seit einem Dreivierteljahr den Heißhunger auf's Album schürt. Dem Bewegungsdrang entgegen kommt dann aber höchstens noch "Anthem", eine sphärische Kopfnickerbeatbox, die klingt, als hätte Human Leagues Philip Oakey um 1983 auf einer von Kraftwerk produzierten Visage-Scheibe gesanglich ausgeholfen. Respekt.
Und Artist Unknown zitieren zwinkernd weiter: 1980 beschwörten Lipps Inc. die "Funky Town" herauf, bei AU heizt jener unsterbliche Diskobeat in "Düsseldorf" ein. Mit "Standing On The Shoulder Of Midgets I-IV" gibt's vier nervige Interludes, die titeltechnisch wenig geheimnisvoll auf die Gallagherbande anspielen (wobei die ja auch nerven - also konsequent).
Bei "The Piper At The Gates Of Detroit" dagegen macht nicht nur der (an Pink Floyd angelehnte) Titel Spaß und spätestens wenn im flauschig weichen "Masheen" die Festplatten Dinge flüstern wie "While my machine gently bleeps", will man den Jungs die Masken vom Kopfe reißen, um heraus zu finden, wer hinter der Zukunft des Synthiepops steckt.
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