laut.de-Kritik

Stadion-Rock überreizt das Armeschwenken bis zum Muskelkrampf.

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Sechs Jahre nach "Congregation Of The Damned" steigen die totgeglaubten "Atreyu" aus der Gruft des Metalcore empor. Die Zeit der Muse ist vorüber. Kurz die kajalverschmierten Augen an das grelle Tageslicht gewöhnt, dann prescht "Long Live" auch schon ungebremst los, als sei es gestern gewesen.

Alles beim Alten also? Wen Alex Vakatzas abgewürgtes Gegrunze schon immer an Kotz-Geräusche erinnerte, der dürfte auch diesmal spottend abwinken: Verstaubter Emo-Core, der sein Verfallsdatum längst überschritten hat. So fegt das vernichtende Urteil über die Kalifornier hinweg.

Standfeste Atreyu-Anhänger, denen die Zeichen der Zeit wahrscheinlich ebenso am Allerwertesten vorbeigehen wie der Band selbst, bekommen dagegen ein nostalgisches Comeback serviert. Noch zwingender setzt Drummer Brandon Saller seine gesanglichen Vorzüge für erlösende Refrain-Hymnen in Szene. Kein Grund, verweichlichte Pop-Allüren zu wittern, wie man sie etwa "Lead Sails Paper Anchor" ankreidete.

An Würze mangelt es nicht. Vielmehr setzt der trällernde Felleklopfer die Vocals geschickt ein, um den aufgescheuchten Circle-Pit in "Live To Labor" zu beruhigen oder dem wütend aufstampfenden "I Would Kill/Lie/Die (For You)" einen melancholischen Anstrich zu verpassen.

Dazu praktizieren die Saiten-Akrobaten gewohnt temporeiches Geschrammel ("Brass Balls") und entlüften ihr Haupt zu diversen Poser-Soli ("Moments Before Dawn"). Meist kommt dabei nicht mehr rum, als der übliche berechenbare Proleten-Metalcore. Wirklich mies klingt es aber trotzdem nicht.

Zum Durchschnaufen versucht "Do You Know Who You Are?" in gespenstischer Anlehnung an "We Will Rock You" mal etwas ganz Anderes: Handzahmer Stadion-Rock überreizt das Armeschwenken bis zum Muskelkrampf. Gemessen am Spannungsbogen, setzt da nur das überflüssige Akustik-Interlude "Revival" noch einen drauf.

Was Atreyu im Clip zu "Long Live" als Auferstehung vermarkten, ist letztlich nichts anderes als eine Wiedergeburt in alter Gestalt. Sofern Saller gut aufgelegt ist, brennen sich Mitgröhl-Arien wie in "So Others May Live" oder "Start To Break" bis tief ins Mark. Gönnt er sich einen uninspirierten Aussetzer, fällt "Cut Off The Head" hinten runter.

Ansonsten rührt Vakatzas stark limitierte Shout-Range löffelweise Einheitsbrei an, der auf Dauer nicht immer leicht zu schlucken ist. Neu ist auch das nicht. Manifestiert sich darin doch seit jeher die Achillesverse der Band. Unbeirrte Nietengürtel-Fetischisten bejubeln eine Wiederkehr der guten alten Zeit: Lang lebe, wer seine Wurzeln pflegt.

Trackliste

  1. 1. Long Live
  2. 2. Live To Labor
  3. 3. I Would Kill/Lie/Die (For You)
  4. 4. Cut Off The Head
  5. 5. A Bitter Broken Memory
  6. 6. Do You Know Who You Are?
  7. 7. Revival
  8. 8. Heartbeats And Flatlines
  9. 9. Brass Balls
  10. 10. Moments Before Dawn
  11. 11. Start To Break
  12. 12. Reckless
  13. 13. So Others May Live

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