laut.de-Kritik

Energetischer Metalcore mit Tendenz zum Stadionrock.

Review von

"The Beautiful Dark Of Life" ist eigentlich nicht als neues Release zu betrachten. Setzt sich der Langspieler doch aus ganzen drei neuen Tracks sowie drei bereits erschienenen EPs zusammen. Riecht nach Mogelpackung oder zumindest einer willkommene PR-Nummer. Dazu passt, dass sich Atreyu nach eigener Aussage mit dem EP-Dreigestirn "The Hope of a Spark", "The Moment You Find Your Flame" und "A Torch In The Dark" auf eine Reise begeben haben, deren Abenteuer sich auf dem neunten Studioalbum nun zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Damit wolle man das Leben samt aller Höhen und Tiefen Revue passieren lassen.

Puh, klingt etwas verkrampft spirituell für eine Band, die am Ende doch nur energetischen Metalcore mit Tendenz zum Stadionrock raushaut, aber ok. Die gute Nachricht: Aus insgesamt 15 Songs setzt sich letztlich ein stattliches Werk zusammen. Dem mangelt es weder an Herzblut noch an Überzeugung. Im Gegenteil, legen sich die Genrepioniere so konsequent auf einen schnörkellosen Vorwärtsdrang fest, dass keine Zeit für Selbstzweifel bleibt.

Immer wieder mischen sich Effekte oder Samples in die ansonsten einfach gehaltene Chose aus zurückgefahrener Strophe und Bombast-Refrain. Nachdem Drummer Brandon Saller 2020 komplett das Mikro übernommen hat und der Shout-Anteil weiter zur Randnotiz verkommt, scheint die Entwicklung hin zum Stadionrock vorgezeichnet. Songs wie "Watch Me Burn", "Good Enough" oder "Gone" liefern die Bestätigung. Ständig beschleicht einen das Gefühl, die Faust gen Himmel strecken oder die Arme schwenken zu müssen.

Jedenfalls fliegen einem die druckvollen Hymnen nur so um die Ohren. "Drowning", "God Devil" oder "Insomnia" können noch so verschlafen lostingeln, spätestens der vollmundige Chorus beendet jede noch so unentschlossene Träumerei. Mitreißende Momente tun sich also zu Genüge hervor.

"Hey you, are you good enough? Or are you giving up? Don't you know we all bleed the same damn thing?" So stumpf die Lebensweisheiten auch sein mögen, mit Zeilen wie diesen sorgen Atreyu stetig für Anknüpfungspunkte. Die Einladung, sich in den Lyrics wiederzufinden, schwingt immer mit. Noch dazu bietet jenes "Good Enough" das Rundum-Paket vom Moshpit bis zum Rock-Olymp.

Das hat Seltenheitswert, denn so kernig Saller auch Chorus um Chorus rausschmettert, so schwer tut er sich, die Strophen gesanglich variantenreich zu gestalten. Ein Grund, warum viele Tracks nicht in Gänze ihre Wirkung entfalten. Bis auf wenige Hooks verebbt vieles im beliebigen Einerlei. Darüber täuschen auch die netten 80's Poser-Soli a la Guns N' Roses nicht hinweg. Auf diese Weise erzeugt die Power-Ballade "I Don't Wanna Die" eine filmreife Theatralik.

Es bleibt dabei: Vom ersten bis zum letzten Ton überzeugen nur wenige Kapitel im Reisetagebuch. Da lässt sich die Hit-Single "(i)" durchaus als einprägsame Duftmarke hervorheben. Wer sich nach großen Rock-Hymnen sehnt, bekommt hier noch mal das volle Programm. Wie gemacht für die große Manege. Atreyu exerzieren die Klaviatur des Hard and Heavy-Regals gefällig durch. Dabei darf die obligatorische Akustik-Ballade nicht fehlen. Zwar trieft "Forevermore" nur so vor Pathos, Sallers Stimme läuft auf schnulzigem Terrain aber eben auch zur Höchstform auf.

Als sich der Glaube verfestigt, die Kalifornier hätten endgültig ihre letzte Patrone verschossen, folgt sogar noch ein heimliches Highlight. Mit einem schepperndem Riff leitet der Titeltrack den Epilog ein und durchbricht in seiner ganzen Machart das plump veranlagte Songwriting. Unvorhergesehene Harmonien und Tempoverschärfungen stellen sicher, dass sich ein Song nicht bloß auf den Refrain verlassen muss. Vielleicht mehr davon und weniger Konzept beim nächsten Mal?

Trackliste

  1. 1. Drowning
  2. 2. Insomnia
  3. 3. Capitol F
  4. 4. God Devil
  5. 5. Watch Me Burn
  6. 6. Good Enough
  7. 7. Dancing With My Demons
  8. 8. Gone
  9. 9. I Don't Wanna Die
  10. 10. Immortal
  11. 11. (i)
  12. 12. Death Or Glory
  13. 13. Forevermore
  14. 14. Come Down
  15. 15. The Beautiful Dark Of Life

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1 Kommentar mit einer Antwort

  • Vor 11 Monaten

    Handwerklich und Songwriting technisch ist hier alles im Lot. Aber leider finde ich die Platte recht langweilig weil man sich gefühlt nichts traut und es generell zu glatt klingt. Mochte die älteren Sachen wirklich sehr gerne aber hier bin ich dann langsam raus ;) Trotzdem keine schlechte Veröffentlichung.

    • Vor 11 Monaten

      Stimme ich zu. Baptize fand ich z.B. deutlich besser und die alten Sachen sowieso. Bei dem Konzert in Zürich haben sie auch nur eher die seichteren Lieder gespielt (und gesoffen wie die Löcher haha). Für mich auch live stark nachgelassen :( ihnen fehlt echt der wilde Metzgerhund der die Band leider verlassen hat.