laut.de-Kritik

In stürmischen Zeiten der Fels in der Metalcore-Brandung.

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Sollte Metalcore irgendwann endgültig vom Aussterben bedroht sein: August Burns Red heizten wohl als eine der letzten Bands ihrer Art unermüdlich den Circle Pit an. Dieses Gefühl wird man auch anno 2020 nicht los. Als hätten sich die Amerikaner von allen Trends und gesellschaftlichen Umbrüchen abgekapselt, spulen sie auf "Guardians" unbeirrt das volle Programm ab. Es hagelt gepflegtes Geknüppel und Breakdowns aus der Hölle.

Gleich vom Start weg prescht "The Narrative" mit viel Selbstverständnis nach vorne. Spielend leicht erfüllt der Song jede Erwartung, die man inzwischen an den Stil der Genrestars adressiert: kompromisslose Härte, technische Finesse und ein entschleunigender Hauch von Melodie. "Bones" und "Paramount" sind, ebenso wie der Opener, eine einzige Hommage an die eigenen Stärken.

Für Fans ist das Eis also schnell gebrochen. Gewohnt nerdig, ergötzt sich das Klampfen-Duo an quietschenden Soli, gewohnt schlagfertig verteilt Matt Greiner Blast Beat-Schellen, und gewohnt gnadenlos brüllt sich Jake Luhrs durch Höhen und Tiefen. In fast jeder Phase lässt sich erahnen, wie er auf der Bühne dabei mit pathetischer Geste den Mosh Pit dirigiert. Alles beim Alten, also?

Nicht ganz. Punktuell sorgen August Burns Red für Überraschungsmomente und beleben etwas, das auf "Phantom Anthem" zwischen verkopften Spielereien zuletzt wie verschüttet schien: Emotionen! Die entladen sich geballt in "Defender" und sorgen dafür, dass sich ein sehr guter von vielen gelungenen Songs abhebt. Das Brett dieses Albums umgibt eine düstere Stimmung, der Zorn türmt sich tonnenschwer, auf und alles vernichtende Breakdowns läuten die Endzeitstimmung ein.

"Lighthouse", "Empty Heaven" und das verblüffend geradlinige "Ties That Bind" greifen das apokalyptische Setting wieder auf. Während Ersteres mit uninspiriertem Klargesang à la "While She Sleeps" nur an der Oberfläche kratzt, gräbt sich Letzteres bis zum wunden Punkt vor. Nie zu technisch und gleichzeitig gerahmt von entfesselten Melodien, können sich die Gefühle frei entfalten. Ein untypischer, aber vielleicht der stärkste Track des Albums.

Wer sich nach dem üblichen Haudrauf mit experimenteller Note sehnt, bekommt davon ohnehin mehr als genug. "Three Fountains" vereint all das in einer knapp sechsminütigen Odyssee. Eingeleitet von einem ausholenden instrumentalen Prolog, schwingt sich das Stück zum progressiven Epos auf: ein würdiger Schlusspunkt.

Es ist bezeichnend, dass August Burns Red die Veröffentlichung ihrer neunte Studioplatte nicht wie viele andere Bands nach hinten schieben, sondern trotz Corona-Krise wie geplant rausfeuern. Die Hüter des Metalcore lassen sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Wie sich das für "Guardians" gehört, sind sie in stürmischen Zeiten der Fels in der Brandung des Genres.

Trackliste

  1. 1. The Narrative
  2. 2. Bones
  3. 3. Paramount
  4. 4. Defender
  5. 5. Lighthouse
  6. 6. Dismembered Memory
  7. 7. Ties That Bind
  8. 8. Bloodletter
  9. 9. Exstinct By Instinct
  10. 10. Empty Heaven
  11. 11. Three Fountains

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